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Veröffentlicht am 15­.03.2011

15.3.2011 - Westfalen-Blatt

Durch die Rote Pforte zum Bußakt

Von Karl P i c k h a r d t

P a d e r b o r n (WV). Zwei junge Paderborner Schützen haben gestern Abend der Deutschen Bischofskonferenz die Dom-Türen geöffnet. Maspern-Schützen Daniel Geisthövel (21) und Robert Kesselmeier (20) sperrten die Tore der Roten Pforte auf: 69 deutsche Bischöfe und Kardinäle zogen mit einem Bußkreuz aus Hövelhof ein.

Seit dem Papstbesuch im Juni 1996 sind nicht mehr so viele Kardinäle sowie Erz- und Weihbischöfe in Paderborn gewesen. So herrschte am Abend im Dom drangvolle Enge, als die kirchlichen Würdenträger die Diözesankirche betraten. Gespannt beobachteten die Gläubigen, wie die Bischöfe zum Zeichen der Buße vor einem Kreuz niederknieten und minutenlang verharrten. »Wir empfinden tiefe Scham«, beteten die Bischöfe, die bei ihrer Tagung in Paderborn auch das Thema »Missbrauch durch Priester« auf der Tagesordnung haben. Auftritt gelungen: Die Domchöre boten beim Eröffnungsgottesdienst souverän ein 400 Jahre altes, 16-stimmiges Werk von Abbatini.

Aber es gab auch enttäuschte Gesichter. »Sie sind von hinten reingegangen«, schimpfte ein Demonstrant. Vor dem Paradiesportal, dem Haupteingang des Doms, hatte die Gruppen »Eckiger Tisch« und »Wir sind Kirche« ihre Protestschilder und Transparente aufgebaut. Sie warteten vergeblich auf die Kirchen-Spitzen: Nach dem Einzug durch die von Schützen gesicherte Rote Pforte kam es zu keiner Begegnung zwischen einem Bischof und ehemaligen Heimkindern, die nach Missbrauch in ihrer Kindheit Entschädigung verlangen und die von der Kirche angebotenen 5000 Euro als zu gering empfinden. »Buße allein genügt nicht«, war auf Transparenten am Dom zu lesen. undefined Im Gespräch mit Missbrauchs-Opfer Reiner Klein (66): Missbrauchsbeauftragter Manfred Frigger (rechts) scheut den Konflikt nicht.

Für die Paderborner Kirche sprach Missbrauchsbeauftragter Manfred Frigger (63) mit den Opfern. »Die Kirche ist gesprächsbereit «, suchte Frigger immer wieder die Begegnung mit misshandelten Menschen – so auch mit Reiner Klein (66) aus Bünde, der in den 50er Jahren im Salvator Kolleg in Kausheide (Hövelhof) schlimme Erfahrungen gemacht habe.

Im Dom beging Erzbischof Dr. Robert Zollitsch (72) aus Freiburg als Vorsitzender der Bischofskonferenz, die erstmals in Paderborn tagt, den Bußakt und feierte mit den Gläubigen ein Pontifikalamt. Dabei kam es zu einem eindrucksvollen Erlebnis, als Domchor, Domkantorei und Mädchenkantorei mit Domkapellmeister Thomas Berning erstmals nach fast 400 Jahren wieder die Abbatini-Messe sang - 16-stimmig aus 250 Kehlen. Nicht nur die Bischöfe aus 27 deutschen Diözesen waren ungemein beeindruckt von dieser Leistung.

Den Eröffnungsdienst hat Erzbischof Robert Zollitsch als Vorsitzender der Bischofskonferenz zelebriert. Konzelebranten waren der Paderborner Erzbischof Hans- Josef Becker sowie die Kardinäle Reinhard Marx (München), Karl Lehmann (Mainz), Joachim Meisner (Köln), Oswald Gracias (Bombay/ Indien), Jorge Urosa Savino (Venezuela) sowie die Erzbischöfe Apostolischer Nuntius Jean Claude Périsset (Rom), Ludwig Schick (Bamberg), Werner Thissen (Hamburg) und Martin Musonde Kivuva (Kenia).

Die Frühjahrsversammlung der Bischöfe findet noch bis Donnerstag im Hotel Welcome statt. Die kürzeste Anreise hatte natürlich der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker: Er fuhr eigenhändig seinen schwarzen Audi (EB wie Erzbischof) vom Erzbischöflichen Palais am Kamp zum Hotel am Fürstenweg, in dem er wie die übrigen drei Paderborner Weihbischöfe auch ein Zimmer reserviert hat. Er ließ aber offen, ob er abends lieber im eigenem Domizil am Kamp übernachtet. »Solche Vorteile muss man nutzen «, lachte Becker, der als erster Paderborner Bischof die deutsche Bischofskonferenz zu Gast hat.

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Zuletzt geändert am 16­.03.2011