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Veröffentlicht am 05­.05.2011

5.5.2011 - tagesschau.de

Meisner entzieht schwulem Kritiker Lehrerlaubnis

Streit um kirchenkritisches Buch

Der Kölner Erzbischof Joachim Meisner hat dem schwulen Buchautor David Berger die Erlaubnis zum Religionsunterricht entzogen. Der 77-jährige Kardinal begründete dies mit Bergers Kirchenkritik, die sein Vertrauen zu ihm zerstört habe. Berger habe durch seine Veröffentlichungen und Äußerungen in den Medien selbst den unwidersprochenen Anschein erweckt, in Lehre und Lebensführung nicht mit den moralischen und gesetzlichen Normen der Kirche übereinzustimmen, hieß es in einem Dekret.

Berger hatte in seinem Buch "Der heilige Schein" schwere Vorwürfe gegen die katholische Kirche erhoben. Der 43-Jährige sprach von einem "katholischen Dschihad" (Heiligen Krieg). Der Einfluss der Ultrakonservativen auf die ganze Kirche wachse.

Berger bestritt, dass er die katholische Kirche als solche angegriffen habe. Vielmehr habe er sein Buch "aus Liebe zur Kirche" geschrieben. Er kritisiere nur ganz bestimmte Missstände innerhalb der Kirche, und dies sei die Aufgabe jedes katholischen Laien. Berger wird am Ville-Gymnasium in Erftstadt bei Köln nun künftig sein zweites Fach Deutsch unterrichten.

Blind auf einem Auge?

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, kritisierte: "Meisner spricht einem profilierten Theologen die Kompetenz ab, weil er nicht asexuell lebt. Wäre die katholische Kirche nur bei Fällen sexuellen Missbrauchs halb so konsequent gewesen." Mit den rechten Pius-Brüdern habe der Kardinal keine Probleme und lasse sie auch in seiner Diözese weiter gewähren. Auch die Reformbewegung "Wir sind Kirche" protestierte gegen die Strafaktion.

Meisner gilt als einer der konservativsten deutschen Bischöfe und ist im Erzbistum Köln dafür bekannt, dass er streng gegen Kritiker vorgeht. Die DPA zitierte einen sogenannten Insider, demzufolge die Homosexualität Bergers in diesem Fall durchaus der eigentliche Grund für den Entzug der Lehrerlaubnis sei. Aus taktischen Erwägungen wähle Meisner in solchen Fällen gern eine andere Begründung, die innerhalb der Kirche auf nicht so viel Widerspruch stoße. Homosexualität offen auszuleben, sei für den Kardinal nicht hinnehmbar.

Berger hatte zunächst in der katholischen Kirche Karriere gemacht und genoss gerade auch in konservativen Kreisen Ansehen. 2003 wurde er in die Päpstliche Thomas-Akademie aufgenommen und gab die vor allem von Traditionalisten gelesene Zeitschrift "Theologisches" heraus. Wegen der "Verteufelung" von Homosexuellen legte er seine Aufgaben jedoch nieder und veröffentlichte 2010 das Buch "Der heilige Schein", das in den Medien viel Aufmerksamkeit erzielte.

http://www.tagesschau.de/inland/meisner102.html

Zuletzt geändert am 06­.05.2011