20.5.2011 - Publik-Forum
Ein Aufrechter in Toowoomba
Rund um den Globus greift Papst Ratzinger beinhart durch, wenn Priester für Frauen am Altar eintreten. Doch rund um den Globus erhebt sich Solidarität von kritischen Katholiken mit den vom Papst aus dem Amt Gejagten. Der jüngste Fall spielt in einer australischen Diözese, deren Gebiet so groß wie Deutschland ist. Ihr Name: Toowoomba.
Seit 1993 leitet Bischof William Morris sein weit in das dünn besiedelte Outback ausgreifende Bistum im Süden des Bundesstaates Queensland. Nicht nur bei den rund 76000 Katholiken, auch bei der insgesamt 270000 Menschen zählenden Bevölkerung des im Hinterland gelegenen riesigen Landstrichs gilt Morris als hoch angesehen und beliebt –ein warmherziger Kirchenmann und überzeugter Ökumeniker.
Der Ärger mit dem Vatikan begann, als Morris 2006 in seinem Hirtenbrief zum Advent an die Gemeinden schrieb, es sei an der Zeit, dass die katholische Kirche überlege, ob Frauen Priesterinnen werden können. Und er stellte den Zwangszölibat für Priester infrage. Da wurden die lehramtlichen Spürhunde der römischen Glaubenskongregation wach. Morris wurde zu Gesprächen zitiert: mit dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, mit dem Nuntius, schließlich mit Vertretern der Gottesdienst-, der Bischofs- und der Glaubenskongregation im Vatikan. Als Krönung musste Morris sich direkt vor dem Papst rechtfertigen. Der Bischof schreibt nun, nach seinem unter solchem Druck zustande gekommenen Amtsverzicht: Der Hintergrund seiner »missverstandenen« und »absichtlich falsch ausgelegten« Äußerung sei der akute Priestermangel in Australien. Derzeit zählt das Bistum Toowoomba 35 Geistliche, inklusive Pensionären, für die tausend Kilometer weit verstreut lebenden Gläubigen. Im Jahr 2014, so Morris, werde das Inlandsbistum nur noch 14 Geistliche haben. Damit drohe ein Zusammenbruch der Seelsorge- und Kirchenarbeit.
Morris hat in den Zeiten der Auseinandersetzung mit Rom vielerlei Unterstützung erfahren. 21 Priester, die Mehrheit der aktiven Geistlichen seines Bistums, stellten sich öffentlich hinter ihren zum Rücktritt gezwungenen Bischof. Dasselbe tat, in vielerlei Formen, die große Mehrzahl der Gläubigen, während eine Minderheit über ihren Bischof Berichte nach Rom sandte und auf diese Weise treu zur römischen Zentrale hielt.
Viele Priestergruppen und Initiativen kritischer Katholiken, vom Magazin National Catholic Reporter in den USA bis zu Wir sind Kirche in Europa, solidarisieren sich mit dem australischen Bischof. Aus Limburg-Eschhofen schreibt der Priester Hubertus Janssen an den päpstlichen Nuntius in Berlin, Erzbischof Jean-Claude Périsset: »Was hat Morris eigentlich verbrochen?«
Zuletzt geändert am 21.05.2011