| |
Veröffentlicht am 01­.06.2011

Juni 2011 - Herder Korrespondenz

Australien: Suspendierung eines Bischofs durch Benedikt XVI. sorgt weltweit für Aufsehen

Ist die vorzeitige Entpflichtung des australischen Bischofs William Morris von der Leitung seiner Diözese durch Benedikt XVI. eine Drohgebärde gegen fortschrittliche Bischöfe und einen reformorientierten Dialog in der Kirche überhaupt und so auch in Deutschland? So versteht zumindest die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" die Suspendierung beziehungsweise den erzwungen Rücktritt in den Ruhestand des Bischofs der Diözese Toowoomba Anfang Mai. Der Vatikan selbst und die Apostolische Nuntiatur in Canberra gaben offenkundig keine konkreten Gründe für ihren Schritt an.

Der Vatikan hatte gegen Morris ein internes Ermittlungsverfahren aufgenommen, vermutlich weil er unter anderem in einem Hirtenbrief aus dem Jahr 2006 angesichts des gravierenden pastoralen Notstands in seinem Bistum Überlegungen zur Zulassung verheirateter Priester und der Weihe von Frauen angestellt hatte. Die Diözese war danach 2007 durch den Erzbischof von Denver (USA), Charles Chaput, visitiert worden, wobei Morris nach eigenen Angaben nie Einsicht in den Visitationsbericht erhielt.

Nach 18 Jahren im bischöflichen Leitungsamt sei ihm keine andere Wahl als der vorzeitige Ruhestand gelassen worden, schrieb Morris in einem Brief an die Gläubigen seiner Diözese. Sein beanstandetes Schreiben von 2006 sei falsch gelesen und bewusst fehlinterpretiert worden. Gegenüber Medien bedauerte Morris, dass der Vatikan ihm und den Gläubigen kein Gehör geschenkt habe, und beklagte zugleich wachsender Zentralismus und Autoritätsgebaren von Seiten Roms. Auch Morris selbst bezeichnete gegenüber dem "National Catholic Reporter" das Vorgehen gegen ihn als Signal des Vatikan an andere Bischöfe weltweit.

Mehrere Priester der Diözese haben sich indessen hinter ihren vom Amt entpflichteten Bischof gestellt und in einer öffentlichen Erklärung den unfairen und respektlosen Umgang mit diesem beklagt. Sie beschreiben Morris als dialogoffenen und kooperativen Priester wie Laien motivierenden Bischof. Hinter der Entscheidung des Vatikans stünden die Beschwerden einiger weniger unzufriedener Priester und Laien. Die überwiegende Mehrheit der Katholiken der Diözese aber habe die pastorale Leitung von Bischof Morris als konstruktiv, fundiert und belebend empfunden. Auch der nationale Priesterrat kritisierte die Entscheidung des Vatikan als wenig transparent.

In einer gegenüber dem Protest der Priester zurückhaltenderen Erklärung vom Mitte Mai bedauert auch die Australische Bischofskonferenz den ganzen Vorgang und kündigt an, die damit verbundenen Themen bei ihrem nächsten Ad Limina Besuch in Rom Ende des Jahres ansprechen zu wollen.

Zuletzt geändert am 28­.05.2011