26.5.2011- Die Zeit
Hans Küng: Wagt endlich Reformen!
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ZEIT: Inzwischen reden Kirchenobere von Dialog. Wie finden Sie das?
Küng: Echter Dialog wäre ja gut. Jetzt plant man aber einen vierjährigen Dialogprozess mit Auftakt in Mannheim am 8. und 9. Juli, der ein Déjà-vu ist: Exakt vor 40 Jahren luden Bischöfe zu einer vierjährigen Synode ein. Doch die deutschen Katholiken wurden um das Ergebnis betrogen. Alle Reformforderungen wurden schubladisiert. Will man uns nach 40 Jahren noch mal dasselbe auftischen?
ZEIT: Die Reformen stehen ja immer noch aus.
Küng: Ja, aber deshalb muss man doch nicht noch mal vier Jahre lang diskutieren.
ZEIT: Wer kann Reformen denn durchsetzen?
Küng: Alle Reformbereiten gemeinsam: Kirchenvolksbewegung, Initiative Kirche von unten, Leserinitiative Publik-Forum, Katholische Arbeitnehmerbewegung ... aber auch erneuerungswillige Pfarrer, Theologen und Politiker. Sie sollten zu einer Aktionsgemeinschaft werden.
ZEIT: Und was steht im Aktionsprogramm?
Küng: Zunächst vier besonders dringende Punkte.
Erstens: Zölibat freiwillig.
Zweitens: Frauen in die Ämter.
Drittens: Abendmahlsgemeinschaft mit den Protestanten.
Viertens: Wiederverheiratete Geschiedene zur Eucharistie zulassen.
ZEIT: Das sind aber keine zentralen Fragen des christlichen Glaubens.
Küng: In der Tat, aber es sind zentrale Hindernisse auf dem Weg zu Gott, den die Kirche versperrt. Deshalb soll man nicht von Gotteskrise reden, sondern von Kirchenkrise.
ZEIT: Und wie setzt man das Programm durch?
Küng: Indem man den Mund aufmacht und sämtliche Medien nutzt, das Internet inklusive. Beispiele: Bedeutende CDU-Politiker forderten öffentlich die Abschaffung des Pflichtzölibats. Über 300 Theologen unterschrieben ein Reformmemorandum. Die Bischöfe müssen merken, dass es so nicht weitergeht. Vielleicht finden sich dann unter ihnen auch ein paar Mutige. Eben hat der Vatikan ein skandalöses Dekret zur Wiederaufwertung der lateinischen Messe veröffentlicht, und eine Kurialkommission hat sich Weisungsbefugnis gegenüber den Bischöfen angemaßt. Die Bischöfe müssen endlich die Anliegen des Volkes gegenüber der römischen Kurie vertreten und nicht umgekehrt.
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Zuletzt geändert am 06.06.2013