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Veröffentlicht am 08­.06.2011

8.6.2011 - Main-Post

Aus Liebe zur Kirche für Reformen kämpfen

SCHWEINFURT
Christenpreis für Mut und Zivilcourage geht an „Wir sind Kirche“


Am Jakobsbrunnen: Der biblische Ort der Begegnung zwischen Jesus und einer Samariterin, ist für die Vertreter von „Wir sind Kirche" Annegret Laakmann (links) und Christian Weisner zu einem Urbild ökumenischer Gespräche geworden. Foto: Ursula lux

Alle zwei Jahre sucht die Gemeinde St. Michael nach einem Preisträger für ihren „1001 Christenpreis für Mut und Zivilcourage in der Kirche.“ Zum sechsten Mal wird dieser Preis heuer am Pfingstfest vergeben. Die Wahl fiel diesmal auf die KirchenVolksBewegung „Wir sind Kirche“. „Im Prinzip trägt die Gemeinde St. Michael die Forderungen der Bewegung mit und versucht sie selbst schon zu verwirklichen“, begründet Pfarrer Roland Breitenbach die Entscheidung der Michaelswerkstatt.

Von Anfang an dabei sind Annegret Laakmann und Christian Weisner. Weil sie „die Kirche lieben“, kämpfen sie zusammen mit vielen anderen seit 16 Jahren für Reformen in der römisch-katholischen Kirche. Eine geschwisterliche Kirche soll diese werden, in der Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer, Priester frei zwischen zölibatärer und nichtzölibatärer Lebensform wählen können. Sexualität soll als „wichtiger Teil des von Gott geschaffenen und bejahten Menschen“ positiv und eine frohe statt einer drohenden Botschaft vermittelt werden.

Seit den 80er Jahren engagiert sich Laakmann für Reformen in der Kirche und sie ist sich durchaus bewusst, „dass Veränderungen in der Kirche sehr langsam gehen.“ Das ist für sie kein Problem, der Versuch, an Bischöfe und Päpste „ranzukommen“, macht ihr „einfach Spaß.“ Was ihr Mut macht, ist „die wachsende Zustimmung bei den Gläubigen“. Erschreckend findet sie, dass es von Seiten der Kirchenleitung immer mehr rückwärts geht, hier wird „gemauert.“ Vor allem im Bezug auf die Frauenfrage ist sie überzeugt: „Da wird sich in nächster Zeit ganz sicher nichts tun. Aber die hohen Herren dürfen nicht vergessen, dass Frauen weiterdenken und sich fragen, ob es noch sinnvoll ist, in dieser Kirche ein Amt anzustreben.“

Weisner spürt den Aufwind nicht nur beim Kirchenvolk, das eine enorme Bewusstseinsänderung mitgemacht habe. „Wenn Bischöfe und Kardinäle sagen, dass man über verheiratete Priester nachdenken muss“, ist das für ihn ein „bemerkenswerter Erfolg“.

„Kirche, wie sie heute ist, hat sich sicher überlebt“, findet Laakmann. Es bedarf erheblicher Strukturänderungen, flacherer Hierarchien, demokratischer Spielregeln, vor allem aber einer menschnahen und glaubhaften Verkündigung, meint sie. Kirche kann sich nicht überleben, argumentiert Weisner. Die Botschaft Jesu gehe über Zeiten und Länder, sei schon durch viele Täler gegangen und sei eben im Augenblick wieder „in einer besonders kritischen Phase.“ Kirche werde aber gebraucht, weil Menschen Solidarität und Trost brauchen.

In ihrem Engagement für Reformen in der Kirche wird die Initiative „Wir sind Kirche“ von zahlreichen renommierten Theologen und Theologinnen unterstützt sehen. Aber eigentlich gibt es in der katholischen Kirche bereits ein deutschlandweites Laiengremium, das „Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK).“ Laakmann macht den Unterscheid deutlich: „Während wir nur von Spenden leben, bekommt das ZdK auch Gelder von den Bischöfen und ist dadurch steuerbar.“ Dennoch spürt sie dort eine wachsende Offenheit, sich gegen Entscheidungen der Bischöfe zu stellen. Auch Weisner hofft und sieht eher „ein Miteinander als ein Gegeneinander“, in keinem Land gebe es eine so gute kirchliche Laienstruktur wie in Deutschland, meint er und betont aber auch: „Wir sind Kirche ist von Anfang an weltweit vernetzt.“ Am Pfingstwochenende vertrete er die Initiative beispielsweise bei einem großen Reformtreffen in den USA.

In der vergangenen Woche war mit einem eigenen Stand auf dem Evangelischen Kirchentag. „Ohne ein Aufeinander-Zugehen wird die Kirche nicht überleben“, ist sich Laakmann sicher. Die Unterscheide zwischen den Kirchen seien vielen Leuten heute gar nicht mehr bewusst, weiß sie. Kirche werde unglaubwürdig, wenn sie von der Politik Menschlichkeit fordert, aber selbst über andere urteile, nur weil diese nicht denselben Kirchturm haben.

„Es wird uns oft vorgeworfen, mit unseren Forderungen wollten wir die katholische Kirche evangelisch machen“, erklärt Weisner. Das aber sei eine falsche Sichtweise. „Kirche ist heute nur ökumenisch denkbar und praktizierbar“, betont er. „Wir müssen uns immer wieder hinterfragen lassen, ob wir der Botschaft Jesu noch treu sind“, lautet sein Schlüsselargument.

http://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Aus-Liebe-zur-Kirche-fuer-Reformen-kaempfen;art742,6184607

Zuletzt geändert am 10­.06.2011