| |
Veröffentlicht am 11­.07.2011

11.7.2011 - Frankfurter Rundschau

Kirche lässt Personalakten durchforsten Von Joachim Frank

Frankfurt. Die katholischen deutschen Bischöfe lassen den Missbrauchsskandal wissenschaftlich erforschen. Der Kriminologe Christian Pfeiffer und der Psychiater Norbert Leygraf sollen den Bischöfen verlässliche Informationen über die Täter und deren Motive sowie über Opfererfahrungen liefern. Pfeiffer solle mit einem Team Einsicht in sämtliche Personalakten aus den vergangenen zehn Jahre bekommen, in neun der 27 deutschen Bistümer sogar aus der Zeit seit 1945. Dies berichtet der Spiegel. In den Unterlagen sollen Hinweise auf sexuellen Missbrauch gesucht werden. Danach solle es Kontakte zu Tätern und Opfern geben. Der Arbeitsrechtler Frank Menken hält das aus Gründen des Datenschutzes für unzulässig. Zwar dürften Kirchenbedienstete Daten sichten, so der Duisburger Jurist. Sie unterlägen aber der Schweigepflicht. Eine kirchliche Richtlinie verbietet die Bekanntmachung personenbezogener Daten.

Leygraf soll etwa 50 Fälle psychiatrisch aufarbeiten, in denen Priester oder Ordensleute wegen Missbrauchs vor Gericht standen. Der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, wollte zu Details der beiden Projekte nichts sagen. Sie werden am Mittwoch offiziell vorgestellt.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), der Dachverband der Laienorganisationen, begrüßte das Vorgehen der Bischöfe als "richtigen und konsequenten Ansatz, die Ursachen des Missbrauchsskandals aufzuarbeiten, sie zu beseitigen und künftige Fälle verhindern zu helfen". ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper sprach von einem "Gesamtpaket" der Bischöfe im Kampf gegen sexuellen Missbrauch. Dazu gehörten die neuen Leitlinien zum Umgang mit Tätern und Präventionsmaßnahmen ebenso wie die Entschädigung der Opfer. "Die katholische Kirche ist noch nicht heraus aus der Krise. Aber sie macht ihre Hausaufgaben", sagte Vesper der Frankfurter Rundschau. Die Kirche könne "Vorbildfunktion für andere Institutionen und gesellschaftliche Gruppen übernehmen".

Christian Weisner von der Basisbewegung "Wir sind Kirche" warnte vor einem "Schuldabweisungsprogramm". Die Lernbereitschaft der Bischöfe sei "sehr begrenzt". Der Münchner Kardinal Reinhard Marx habe erst jüngst wieder auf den früheren "Trend der Zeit" verwiesen, der zu gewissen "Disziplinlosigkeiten im Leben und Denken der Kirche" geführt habe. "Da ist selbst Papst Benedikt weiter, wenn er sagt, die Sünde komme aus der Kirche selbst", kritisierte Weisner.

Zuletzt geändert am 12­.07.2011