1. September 2006 - Frankfurter Rundschau
Katholiken erhoffen vom Papst Reformzeichen
Der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Bayern nächste Woche ist zwar vor allem ein Heimatbesuch mit persönlicher Note. Kritische Katholiken erwarten von Joseph Ratzinger aber dennoch Zeichen eines bislang vermissten Reformwillens.
Frankfurt a. M. In einem offenen Brief fordert die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ den Papst und die deutschen Bischöfe „zum offenen und ernsthaften Dialog mit dem Kirchenvolk“auf. Die katholische Kirche stehe vor „dramatischen Veränderungen und Herausforderungen“. Gerade weil der Papst so wenige Auslandsreisen mache, komme jeder einzelnen eine Botschaft zu, glaubt Christian Weisner von „Wir sind Kirche“. „Bei seinen Predigten werden wir sehr genau zuhören“, sagte er der FR.
Dabei geht es den kritischen Christen, die sich unter anderem für einen Verzicht aufs Zölibat und für die Priesterweihe von Frauen einsetzen, auch um ein Zeichen, inwieweit die katholische Kirche bereit ist, Laien Mitverantwortung einzuräumen. Dass Benedikt „nicht gerade ein Freund“ des vor allem in Deutschland verwurzelten Laientums ist, sei bekannt. „Er hat ein anderes, auf dem Klerus aufgebautes Kirchenbild“, sagt Weisner. Doch könne man von dem einst fortschrittlichen Konzilstheologen ein „versöhnendes Wort“ erwarten, nachdem der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller die Laienräte in seinem Bistum mit Billigung des Vatikans „mundtot gemacht“ habe.
Rechte der Laien eingeschränkt
Müller hatte 2005 die Rechte der Laien eingeschränkt, indem er statt gewählter Räte selbst ernannte Mitglieder einsetzte – ein in Deutschland einmaliger Vorgang, der aber vom Weltkirchenrecht gedeckt ist. Nach Informationen Weisners soll Benedikt kürzlich sogar gesagt haben, er wünsche sich mehr Bischöfe vom Schlage Müllers – bezogen auf dessen Umgang mit den Laien. Wie sich der Papst hierzu positioniert, dürfte die Bayern-Reise zeigen, wenn er in Regensburg neben München, Altötting und seinem Geburtsort Marktl Station macht.
Den Grundgedanken der päpstlichen Enzyklika „Deus Caritas est“ – Gott ist Liebe – vermisst Weisner in der Praxis der Amtsführung: „Die gute Botschaft kommt von oben, ist von unten aber noch nicht wahrnehmbar.“ Noch habe der Papst keinen Versuch gemacht, Reformkräfte einzubinden. Dass Benedikt den kritischen Theologen Küng empfangen habe, „ist nicht genug“. Weisner will aber nicht den, „dass wir jetzt auf den Papst starren wie das Kaninchen auf die Schlange“. „Christentum ist mehr als die Fixierung auf dieses Amt.“
Sabine Hamacher
Zuletzt geändert am 01.09.2006