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Veröffentlicht am 31­.08.2006

31. August 2006 - Süddeutsche Zeitung

Regensburger Bischofsgegner hoffen auf Hilfe aus Rom

Offener Brief an den Papst

Für den Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller ist die bundesweit Schlagzeilen machende Auseinandersetzung um die Neuordnung der Laienmitarbeit in seinem Bistum erledigt – nicht aber für den Katholiken Johannes Grabmeier, der sich in dem Verein „Laienverantwortung Regensburg“ engagiert und zu den deutlichsten Kritikern des Bischofs zählt. Lange hat der in Deggendorf lebende und lehrende Professor für Wirtschaftsinformatik an einer 17 Seiten umfassenden Denkschrift gearbeitet, die er dieser Tage an den Papst schickte – kurz vor dessen Besuch in Bayern.

Ausgerechnet in jenem Bistum, dem sich Benedikt XVI. in besonderer Weise verbunden fühlt, herrscht Unruhe, seitdem der Münchner Dogmatik-Professor Gerhard Ludwig Müller im November 2002 das Regensburger Bischofsamt antrat. Viele tausend Gläubige fühlten sich, so schrieb Grabmeier, „vom derzeitigen Verwalter des Bischofsamtes geistig und religiös getrennt, weil der Bischof sein Hirtenamt nur den ihm hörigen Christen widmet, seinen Kritikern dagegen in intensiver Feindschaft verbunden ist“. Müller inszeniere eine „Kaskade von Krisen“, die „insbesondere der Ortskirche Regensburg erheblichen Schaden zugefügt haben“. Das Motto der Papstreise „Wer glaubt, ist nie allein“ habe die Vereinsmitglieder ermutigt, sich an den Pontifex zu wenden – „in unserer großen Sorge um die pastorale Lage der Diözese“, die geprägt sei von der „Demütigung tausender Laienchristen“, von einem „Klima der Empörung und Resignation“, von „Lethargie und innerlicher Entfernung“. Mit einiger Sicherheit weiß Benedikt XVI. um das heftige Rumoren. Der Protest wird ja auch öffentlichkeitswirksam ausgetragen: Vor dem Dom werden am 2. und 9. September Mitglieder des Laienvereins, in dem Johannes Grabmeier leitendes Mitglied ist, gemeinsam mit weiteren Katholiken Mahnwachen abhalten. Es wird dabei um die Kritik an den umstrittenen Reformen gehen, mit welchen Bischof Gerhard Ludwig Müller die Mitarbeit der Laien im Bistum neu geregelt hat. Er ersetzte den Diözesanrat und die 33 Dekanatsräte durch neue Gremien, er änderte die Richtlinien für die Arbeit der Pfarrgemeinderäte – und er setzte viele Kritiker derart unter Druck, dass sie eine Art kirchlich-psychisches Trauma erlitten. Das robuste, beispiellose Vorgehen des Bischofs empfanden viele engagierte Laien als schwere Zumutung, als Beschneidung ihrer Arbeit, als eine Rückkehr zu strengen hierarchischen Strukturen, die in ihren Augen nur auf eines abzielen: Eine Stärkung der Kontrollmöglichkeiten des Bischofs, der überdies, so sagen seine Kritiker, jeglichen Dialog ablehne und gegen religiöse Grundsätze verstoße, die er selber gerne predige: Liebe, Friede, Versöhnung.

Die Neuordnung der Laienmitarbeit stellt der Bischof als längst überfällige Reform dar, die von Beobachtern im Vatikan gutgeheißen werde. Tatsächlich wurde das Regensburger Bistum durch Müllers Regelwerk schwer erschüttert. Mitglieder des aufgelösten Diözesanrats stellten sich offen gegen ihren Bischof, der sie fortan mit Ignoranz strafte. Lange gediente Pfarrgemeinderäte legten aus Protest ihre Ämter nieder oder traten bei Neuwahlen nicht mehr an. Nun bittet der Verein Laienverantwortung den Papst um „ein mahnendes Wort“ an den Regensburger Bischof. „Es ist Unterstützung erforderlich“, so heißt es im Brief an Benedikt XVI., „damit nicht Feindbilder weiter vertieft werden.“
Rolf Thym

Zuletzt geändert am 01­.09.2006