24.2.2012 - Stuttgarter Zeitung
Kritik an der Hierarchie
Die Kirchenvolksbewegung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist auf ein kleines Häuflein zusammengeschrumpft. Jetzt nimmt die Gruppe „Wir sind Kirche“ einen neuen Anlauf zu einem kritischen Dialog mit der Amtskirche. In der Broschüre “Die Kirche ist allzeit reformbedürftig“ haben sie auf 67 Seiten ihre Vorwürfe und ihre Verbesserungsvorschläge zusammengefasst.
Die Gruppe sieht die katholische Kirche in einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise, die sie im Kern auf deren grundsätzliche Verfassung zurück führt. Sprecher Heinz Rapp und seine 15 Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die sich im Haus der Katholischen Kirche trafen, sehen den Grund für die Krise in der „großen Diskrepanz« zwischen der „Botschaft Jesu“ und der noch immer „hierarchisch-absolutistischen Verfassung“ der Kirche. Dieser Grundfehler sei auch bei der Aufdeckung des sexuellen Missbrauchs durch Priester deutlich geworden. Jahrzehnte sei „Kirchenräson wichtiger gewesen als die Zuwendung zu den Opfern.“
Werner Thomas fordert das Ende der „absolutistischen Denkweise“, die Einführung einer „Gewaltenteilung“ und die Verlagerung von Entscheidungsbefugnissen „nach unten“. Ida Raming hält es für unerlässlich, dass die „Zweiklassengesellschaft“ von Klerikern und Laien und von Männern und Frauen aufgehoben wird. So ist die Gruppe gegen das Zölibat von Priestern und für die Frauenordination.
Die Gruppe, zumeist ältere Katholiken, die noch das Zweite Vatikanische Konzil Anfang der 60er Jahre erlebt haben, schränkte die Aussage, in den vergangenen 40 Jahren habe sich in ihrer Kirche nichts getan, dann doch etwas ein. So sei man mit Bischof Gebhard Fürst in einem „guten Gespräch“, so Heinz Rapp. „Das zeigt sich daran, dass wir hier im Haus sein können.“ Man wolle aber nicht nur reden dürfen, sondern auch gehört werden, sagte Siegbert Maier-Borst. Eine ältere Dame merkte an: „Unsere Gemeinde ist spitze. Bei uns predigen regelmäßig Pastoralreferenten, Wiederverheiratete sind zugelassen. Da passiert alles, was der Papst nicht will, weil Menschen tun, was sie für nötig halten.“
Zuletzt geändert am 02.03.2012