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Veröffentlicht am 15­.09.2012

15.9.2012 - Hamburger Abendblatt

Katholische Kirche auf der Suche nach ihrer Zukunft

Wie weit muss sie sich dem Zeitgeist öffnen? Auch Bischöfe beklagen Reformstau

Hannover. Hochmodern gibt sich die katholische Kirche bei ihrem zweiten Dialogtreffen in Hannover: Dutzende iPads stehen zwischen den mehr als 30 Bischöfen und 300 Delegierten auf den Tischen. Der nach dem Missbrauchsskandal gestartete Dialog soll der unter Mitgliederschwund und Bedeutungsverlust leidenden Kirche einen Weg in die Zukunft weisen. Einen Reformstau beklagt nicht nur die Basis. Die Rolle der Frau, die Teilnahme Geschiedener am Abendmahl oder die Sexualmoral benennen auch einige der anwesenden Bischöfe als Knackpunkte. Benannt sind sie, aus dem Weg geräumt damit aber noch lange nicht.

"Wiederverheiratete sind nicht einfach exkommuniziert, wie man oft denkt", sagt der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode mit Blick auf einen der Streitpunkte in der Kirche. "Also muss für Menschen aus gescheiterten Ehen eine ganz neue Aufmerksamkeit geschaffen werden. Wenn dies gelingt, können wir auch die Frage der Zulassung zu den Sakramenten nicht übergehen." Das kritische Kirchenvolk mögen diese Worte aufmuntern, ob und wann die Bischofskonferenz sie in Taten umsetzt, ist eine andere Sache. Gleiches gilt für die Sexuallehre, bei der Bode "eine neue und mutige differenzierte Auseinandersetzung" verlangt.

Muss die Kirche sich dem Zeitgeist anpassen, um wieder mehr Gehör zu finden? Diese Problematik spricht der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck an. "Als Katholiken spüren wir, dass wir weniger werden. Unsere Stimme ist nur eine unter vielen." Außereheliche oder gleichgeschlechtliche Partnerschaften etwa seien in der Gesellschaft zunehmend akzeptiert. "Die von der Kirche verkündeten Orientierungen zu Geschlechtlichkeit und Ehe finden in der Vielfalt unterschiedlicher Anschauungen über Sexualität und Ehe weniger Gehör", konstatiert er. Zwar fordert er mehr Platz für Frauen in der Kirche bis hin in Leitungsfunktionen, am Grundtabu der Weihe von Frauen zu Priestern will er aber nicht rütteln.

Die Sorge vor wenig konkreten Resultaten hatten schon die Teilnehmer der ersten Dialogrunde vor mehr als einem Jahr ausgesprochen. Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" betonte vor dem Treffen in Hannover, dass Taten folgen müssten. Aber wird dies der Fall sein? "Wir sind kein Parlament, wir sind keine Synode, es geht nicht um Abstimmungen oder Beschlüsse", stellte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch, klar. Jedoch solle der bis 2015 laufende Dialogprozess Ergebnisse liefern, die für alle fassbar sind. "Wir brauchen die Geduld."(dpa)

http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article2400730/Katholische-Kirche-auf-der-Suche-nach-ihrer-Zukunft.html

Zuletzt geändert am 15­.09.2012