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Veröffentlicht am 20­.09.2012

20.9.2012 - Die Welt

Beichte nur gegen Kirchensteuer

Seit Jahren laufen der katholischen Kirche die Gläubigen davon, nun beschließt die Bischofskonferenz, die Austretenden hart zu bestrafen. Auch ein christliches Begräbnis kann ausgeschlossen werden.

Die katholische Kirche in Deutschland macht die Kirchenmitgliedschaft weiterhin von der Zahlung der Kirchensteuer abhängig. Ein am Donnerstag in Bonn veröffentlichtes und vom Vatikan bestätigtes Dekret der Bischofskonferenz stellt klar, dass es nicht möglich ist, aus der Kirche auszutreten und zugleich gläubiges Mitglied zu bleiben. Ein Austritt nur aus der Institution sei nicht möglich.

Keine automatische Exkommunikation

Wer sich zu dem Schritt entschließt, ist aus Sicht der Kirche nicht mehr katholisch, wird jetzt allerdings nicht mehr wie bisher automatisch exkommuniziert. Stattdessen wird derjenige künftig vom zuständigen Pfarrer per Brief zum Gespräch eingeladen. Dabei soll es auch darum gehen, den Schritt noch einmal zu überdenken und gegebenenfalls rückgängig zu machen.

Hintergrund für das Dekret ist der Fall des Freiburger Kirchenrechtlers Hartmut Zapp. Dieser hatte 2007 seinen Austritt aus der Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts erklärt und keine Kirchensteuern mehr gezahlt. Er erklärte jedoch, er sei weiterhin gläubiges Mitglied der Kirche. Dagegen hatte das Erzbistum Freiburg geklagt. Am 26. September wird der Fall vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt.

Harte Sanktionen

Das Dekret stellt klar, dass ein ziviler Kirchenaustritt in Deutschland als förmliche Distanzierung von der Kirche eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft darstelle. Für jeden, der diesen Schritt gehe, sei die aktive Teilnahme am kirchlichen Leben eingeschränkt.

In dem durch das Dekret geregelten pastoralen Anschreiben werden die kirchenrechtlichen Konsequenzen des Kirchenaustritts dargelegt. So dürfen unter anderem Sakramente (z.B. die Beichte) nicht empfangen und keine kirchlichen Ämter und Funktionen bekleidet werden. Auch ein christliches Begräbnis kann verweigert werden, wenn der Ausgetretene vor seinem Tod nicht Reue gezeigt hat.

Wo steht der Vatikan?

Mit der Entscheidung, bei einem Austritt nicht mehr automatisch mit der Exkommunikation zu reagieren, sind die deutschen Bischöfe der Sichtweise des Vatikan entgegengekommen. Der dortige Rat für Gesetzestexte hatte bereits 2006 erklärt, dass ein bloß formaler Kirchenaustritt noch keinen Abfall vom Glauben darstellt, der mit Exkommunikation bestraft werden muss.

Die Zustimmung Roms zu dem Dekret bedeutet nach Ansicht von Christian Weisner vom Bundesteam der kritischen Bewegung "Wir sind Kirche" eine veränderte Haltung des Vatikan. "Es ist bedauerlich, dass Rom seine bisherige Linie verlassen und sich der deutschen Kirche angeschlossen hat und die Mitgliedschaft von der Kirchensteuer abhängig macht", sagte er der dpa.

http://www.welt.de/aktuell/article109356755/Beichte-nur-gegen-Kirchensteuer.html

Zuletzt geändert am 20­.09.2012