| |
Veröffentlicht am 23­.09.2012

24.9.2012 - Franfurter Neue Presse

"Wir sind Kirche": Es fehlt an Menschlichkeit im Bistum

Herbsttagung der Basisbewegung fordert: Die frohe Botschaft darf keine Drohbotschaft sein

Reichlich Diskussionsstoff hatte das Herbsttreffen von "Wir sind Kirche" in Runkel. Natürlich war auch Bischof Tebartz-van Elst ein Thema bei der "Kirchenvolksbewegung"

Runkel. Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst kommt nicht aus den Schlagzeilen. Nachdem es im Frühjahr einen kürzlich an die Öffentlichkeit geratenen Brief von 20 Pfarrern und Dekanen aus der Mitte des Klerus gegeben hatte, die in Sorge um ihre Kirche sind, haben sich die Teilnehmer an der Herbsttagung der Basis-Bewegung im Bistum Limburg intensiv mit seiner Amtsführung beschäftigt.

Kritik und Unverständnis wurden bei dem Treffen laut. Nicht nur die zum Teil namhaften Unterzeichner des Briefes sind mit der Amtsausübung Tebartz-van Elsts nicht einverstanden. Auch "Wir sind Kirche" ist um Sorge um das Verhalten der Bistumsspitze, insbesondere auch, was das Arbeitsklima von Bistumsbeschäftigten angeht. Viele hätten Angst um ihre Arbeitsstelle oder dass sie sich nicht korrekt verhalten, sie Angst davor hätten, Fehler zu machen oder sich einfach beobachtet und unter Kontrolle fühlten. Kritisiert wird der Führungsstil – dieser lasse Menschlichkeit und Sensibilität vermissen, so der Sprecher der Organisation, Karljosef Schäfer.

Er stellte fest, dass "alle von der Freundlichkeit des Bischofs begeistert sind und wie er mit den Menschen umgeht – wenn er denn mit ihnen umgeht". Und dies sei viel zu selten der Fall. "Er ist zu oft zu kurz angebunden und nicht fassbar". Die Bewegung "Wir sind Kirche" fordert von dem, wie Pressesprecher Schäfer es formulierte, "beratungsresistenten" Bischof, er möge mehr Transparenz schaffen.

Die Gläubigen hätten ein Anrecht darauf, zu erfahren, was im Bistum passiere. Dies müsse publiziert werden, sei es durch Pressemeldungen, Newsletter oder auch durch ein Hirtenwort des Bischofs. Das Kirchenvolk, so war sich das Plenum einig, müsse viel mehr eingebunden werden. "Wir wollen zum Beispiel wissen, was es mit den Finanzen und dem Vermögen des Bischöflichen Stuhls auf sich hat und ob die kursierende Summe von 400 Millionen Euro tatsächlich zutrifft", so Karl-Josef Schäfer.

Ein weiterer Themenschwerpunkt der Herbsttagung der Basis-Christen war das Thesenpapier "Die Katholische Liturgie ohne Priester" von Dr. Siegfried George aus Wettenberg. George konfrontierte das Plenum ganz zu Beginn mit der Feststellung: "Jedes Jahr gehen in Deutschland mehr als 300 Priester in den Ruhestand und etwa 100 Priester kommen neu hinzu. Wer das kleine Einmaleins beherrscht, kann sich leicht ausrechnen, wie die Versorgung mit Priestern in zehn Jahren aussehen wird."

Rückbesinnung

Doch trotz dieses eklatanten Missverhältnisses weigere sich die katholische Kirche, von der Tradition des Zölibates abzuweichen und beispielsweise im Glauben erprobte, verheiratete Männer zu Priester zu weihen. Ganz zu schweigen von einer Öffnung des Priesteramtes für Frauen, so George. Ein Nachdenken über Gottesdienste, für die man keinen Priester brauche, sei dringend geboten.

George forderte, die Rückbesinnung auf die Urkirche könne "einen Ausweg aus der Misere bieten" sowie der Hinwendung zu dem Geist "wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen". Es bedürfe einer "Korrektur der pastoralen Grundausrichtung: weniger Liturgie, mehr Seelsorge." Die Gemeinden hätten das Recht auf einen Vorsteher und von Laien als Vorsteher der Eucharistie in der Urkirche. Dazu merkte Karl-Josef Schäfer an: "Wir brauchen keine Pontifikalämter, die drei und mehr Stunden dauern, in denen sich der Bischof dann auch noch feiern lässt".

Erneuert wurde auch noch die Forderungen von "Wir sind Kirche": Aufbau einer geschwisterlichen Kirche, volle Gleichberechtigung der Frauen, freie Wahl zwischen zölibatärer und nicht-zölibatärer Lebensform, positive Bewertung der Sexualität als wichtiger Teil des von Gott geschaffenen und bejahten Menschen sowie eine "Frohbotschaft statt Drohbotschaft". schp

Die Position von "Wir sind Kirche" zur Kündigung von Patrick Dehm, Leiter vom Haus der Begegnung in Frankfurt, lesen sie auf Rhein-Main & Hessen.

http://www.fnp.de/nnp/region/lokales/limburg-lahn/wir-sind-kirche-es-fehlt-an-menschlichkeit-im-bistum_rmn01.c.10182663.de.html

Zuletzt geändert am 06­.06.2013