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Veröffentlicht am 12­.10.2012

12.10.2012 - Lausitzer Rundschau

Erinnerungen an den katholischen Aufbruch

Wie das "Zweite Vatikanische Konzil" die Kirche beeinflusst hat

Am 11. Oktober 1962 begann in Rom das "Zweite Vatikanische Konzil". Seine Beschlüsse gelten bis heute als eine der wichtigsten Reformen in der Geschichte der katholischen Kirche. Die RUNDSCHAU erklärt, warum.

Was versteht man unter dem "Zweiten Vatikanischen Konzil"?

Das Zweite Vatikanische Konzil war eine Versammlung von etwa 2500 katholischen Bischöfen, die vom 11. Oktober 1962 bis 8. Dezember 1965 im Vatikan stattfand. Auf Initiative von Papst Johannes XXIII. sollten sie sich mit einer Modernisierung der katholischen Kirche beschäftigen. Ihre Beschlüsse sind bis heute grundlegend für die katholische Kirche.

Was hat das Konzil bewirkt?

Zu den vom Konzil veranlassten Neuerungen zählt etwa die Verwendung der Muttersprache in der zuvor meist lateinisch gefeierten Heiligen Messe. Erstmalig sprach sich die Katholische Kirche während des Konzils für die Religionsfreiheit aus, und gab damit einen alten Absolutheitsanspruch auf. Das Konzil begann in dem nach seinen ersten Worten "Nostra Aetate" benannten Text die Aussöhnung mit den Juden, beklagte den christlichen Antisemitismus und verwarf die bisherige Lehre einer jüdischen Schuld am Tode Christi. Und in der Konstitution "Dei Verbum" wurde die historisch-kritische Auslegung des Bibeltextes zugelassen.

Was sagte das Konzil zur Ökumene?

Die Ökumene mit den anderen christlichen Kirchen war Thema des Dokuments "Unitatis redintegratio". Darin vollzogen die versammelten Bischöfe eine grundlegende Öffnung gegenüber Orthodoxen und Protestanten. Und in einer gemeinsamen Erklärung hoben Papst Paul VI. und der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Athenagoras, die gegenseitige Exkommunikation auf, die seit dem Jahr 1054, also mehr als 900 Jahre lang, Bestand hatte.

Welches ist das wichtigste Konzilsdokument?

Vermutlich die Konstitution "Gaudium et spes", deren Inhalte für die Öffnung der katholischen Kirche zur Moderne stehen. Mitten im Kalten Krieg warnte der Text vor dem Wettrüsten und erlaubte den Einsatz militärischer Mittel lediglich zur Landesverteidigung. Ferner kritisierte der Text den Atheismus etwa in den sozialistischen Ländern Osteuropas und forderte eine Verbindung des wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritts mit einer Solidarität mit den Armen.

Was hat das Konzil mit dem Streit um die Pius-Brüder zu tun?

Die für den christlich-jüdischen Dialog grundlegende Erklärung Nostra Aetate, die ökumenische Öffnung der Kirche und die Liturgiereform waren Auslöser für die Abspaltung der Traditionalisten um den französischen Erzbischof Marcel Lefvebre. 1969 gründete er die Bruderschaft St. Pius X., die bis heute von der katholischen Kirche getrennt ist und die Ergebnisse des Konzils nicht akzeptiert.

Wie wird das Zweite Vatikanische Konzil heute gesehen?

Das Konzil gilt als größter Aufbruch in der Geschichte der katholischen Kirche. Vor allem der Kölner Kardinal Josef Frings und sein Begleiter, der junge Theologieprofessor Joseph Ratzinger, der heutige Papst Benedikt XVI., zählten damals zu den Reformern. Heute allerdings scheint der Reformgeist in der katholischen Kirche im Vergleich zu vor 50 Jahren erlahmt – vor allem Laiengruppen wie "Wir sind Kirche" trauern dem Konzil deswegen nachhaltig nach.

Und wie begeht die Kirche das Jubiläum?

Im Vatikan hat Benedikt XVI. eine Bischofssynode einberufen, die sich mit der Verbreitung des christlichen Glaubens beschäftigen soll. Entsprechend soll vom kommenden Sonntag an in der gesamten katholischen Weltkirche ein "Jahr des Glaubens" begangen werden. Dazu gab es schon im Sommer, auf dem Mannheimer Katholikentag, eine große Festgala mit Erinnerungen an das Konzil. Zugleich finden überall in Deutschland unzählige Veranstaltungen zum Jubiläum statt.

Benjamin Lassiwe

http://www.lr-online.de/meinungen/Tagesthemen-Erinnerungen-an-den-katholischen-Aufbruch;art1065,3979495

Zuletzt geändert am 13­.10.2012