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Veröffentlicht am 04­.02.2013

4.2.2013 - Hamburger Morgenpost

Martin Lohmann empört Millionen Frauen

Erst ein Raunen, dann Lachen und Empörung: In Günther Jauchs TV-Runde kam es zum Skandal. Der Auslöser: Martin Lohmann, gottesfürchtiger Katholik und fanatischer Abtreibungsgegner. Im Streit um den Fall einer vergewaltigten Frau, der von zwei katholischen Kliniken in Köln die Hilfe verweigert wurde, stellte der Journalist fest: „Die Sache mit der Selbstentscheidung der Frau ist ja vielschichtig.“ Wäre seine eigene Tochter vergewaltigt worden – Lohmann würde ihr die Abtreibung verweigern ...

Die Frauen entmündigt, die katholische Lehre über alles gestellt: Lohmanns Auftritt ist ein neuer Super-GAU für das Image der Kirche. Hatte sich ausgerechnet der stramm konservative Kölner Erzbischof Joachim Meisner noch um die eigene Achse gedreht, um das Schicksal der vergewaltigten Kölnerin zu entschuldigen, wies Lohmann den Kardinal in seine Schranken. Meisner hatte zugestanden, dass die Gabe der „Pille danach“ an Vergewaltigungsopfer „vertretbar“ sei. Lohmann sieht das anders: Die Weigerung der Kliniken sei richtig gewesen. Die Kirche sei nun mal gegen Tötung – „Das gilt auch die Pille danach’“.

Lohmanns theologischer Eiertanz: Verhindert die Pille nur die Befruchtung, wäre das noch okay. Zerstört sie aber ein befruchtetes Ei, ist sie verboten. „Ob es überhaupt eine vor der Befruchtung wirkende und somit abtreibungsunverdächtige Pille gibt, ist meines Wissens gar nicht sicher.“ Und so blieb ihm nur der Schluss, dass der Kardinal irgendetwas falsch verstanden haben oder falsch beraten gewesen sein müsse.

Der Auftritt eines isolierten Spinners? Mitnichten: Martin Lohmann ist Mitglied der CDU und des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, arbeitete für „Bild“ und den Bayerischen Rundfunk, schrieb mit dem Papst-Sekretär Georg Gänswein eine Glaubensfibel und leitet heute den Katholiken-Sender „K-TV“, in dem mit Inbrunst gebetet wird – mit dem offiziellen Segen des Papstes.

Ein erbarmungsloser Meinungsmacher: Auf Jauchs Frage, wie er und seine Frau bei ihrer eigenen Tochter in dieser Situation reagieren würden, betonte Lohmann. „Die Lehre, dass man nicht töten darf, gilt immer.“ Eine Frau könne nur so lange über sich selbst bestimmen, wie sie nicht schwanger sei. Einmal in Rage, hatte Lohmann auch zur Homosexualität noch eine Meinung: „Schwul sein darf man im Prinzip – vorausgesetzt, man praktiziert es nicht, denn das ist Sünde.“

Sigrid Grabmeier von der reformkatholischen Bewegung „Wir sind Kirche“ zur MOPO: „Lohmann gehört zu der Kategorie Katholiken, die Dogma über alles stellen – auch über Menschen.“ Auch das Erzbistum Köln distanzierte sich von dem Auftritt, verwies darauf, dass Untersuchungen gezeigt hätten, die „Pille danach“ sei keine Abtreibungspille.

Nach seinem Auftritt wurde der Kreuzritter von wütenden Frauen mit Mails bombardiert, fühlt sich nun bedroht. Doch auch auf Twitter tobt die Wut über Lohmann: „Live aus dem Mittelalter“, „Eine Vergewaltigung erschafft kein Leben, sondern zerstört eines.“ „Herr Lohmann ist ein schönes Beispiel dafür, wieso mir strenggläubige Menschen Angst machen.“ Und ein Tweet, der Deutschlands Bischöfen ganz besonders missfallen dürfte: „Ich finde Lohmann toll, der bringt bestimmt ganz viele zum Kirchenaustritt. Mehr Bildschirmpräsenz für Lohmann!“

http://www.mopo.de/politik---wirtschaft/bei-guenther-jauch-martin-lohmann-empoert-millionen-frauen,5066858,21643220.html

Zuletzt geändert am 08­.02.2013