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Veröffentlicht am 19­.02.2013

19.2.2013 - Süddeutsche Zeitung

Ein Weg zur „Pille danach“

Deutsche Bischöfe streben bei ihrer Konferenz in Trier einheitliche Linie an

Trier – Ist es moralisch gerechtfertigt, dass eine Frau nach einer Vergewaltigung die „Pille danach“ nimmt, um eine Schwangerschaft zu verhindern? Bis vor kurzem sagte die katholische Kirche: Nein. Doch nun scheint sich in Deutschland diese Haltung zumindest teilweise zu verändern. Kurz vor Beginn der Frühjahrsversammlung der deutschen Bischofskonferenz in Trier sagte deren Vorsitzender Robert Zollitsch dem Bayerischen Rundfunk, wenn klar sei, „dass die Pille danach nur zur Verhinderung einer Befruchtung nach einer Vergewaltigung eingesetzt werden kann,“ dann sei das „ein Weg“. Ein Mittel der Familienplanung dürfe die „Pille danach“ jedoch nicht sein.

Zu Beginn der Tagung sagte Zollitsch in Trier, er wolle damit den Beratungen der Konferenz nicht vorgreifen – doch seine Position ist damit sehr nahe an der des Kölner Kardinals Joachim Meisner. Meisner hatte, nachdem eine mutmaßlich vergewaltigte Frau von zwei katholischen Kliniken in Köln abgewiesen worden war, erklärt, aus Sicht der katholischen Kirche sei die neueste Generation der „Pille danach“ moralisch vertretbar, weil sie nur verhütend und nicht abtreibend wirke.

Um die Äußerung Meisners hatte es Verwirrung gegeben, mehrere Frauenärzte hatten bezweifelt, ob sich tatsächlich nachweisen lasse, dass die modernen Pillen tatsächlich so wirkten wie von Meisner beschrieben. Daraufhin hatten eine Reihe von Bischöfen Gesprächsbedarf angemeldet. Zollitsch sagte, man habe die Expertise mehrerer Mediziner eingeholt, um die Frage bewerten zu können. Die Entscheidung, wie die neue Generation der „Pille danach“ bewertet werde, sei Sache der Bischofskonferenz und müsse nicht mit Rom abgesprochen werden.

Keine Fortschritte dürfte es dagegen bei der Frage geben, wer das Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle im Bereich der katholischen Kirche weiterführt. Im Januar hatte die Bischofskonferenz die Zusammenarbeit mit Christian Pfeiffer, dem Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen aufgekündigt, weil sie das Vertrauen in Pfeiffer zerstört sah. Pfeiffer wiederum hatte den Bischöfen Zensurversuche vorgeworfen. Zollitsch sagte, hier werde es wohl auch nach der Konferenz keine Lösung geben. Die Bischöfe und der Kriminologe sind nach wie vor tief zerstritten. Pfeiffer geht davon aus, dass der Vertrag, den er mit dem Verband der Diözesen Deutschlands geschlossen hat, noch gültig ist, Zollitsch dagegen sagte, es habe hinreichende Gründe für die Kündigung gegeben. Eine gütliche Einigung über Abstandszahlungen sei gescheitert, man werde sich wohl vor Gericht treffen. Am Donnerstag verhandelt das Landgericht Hannover bereits zu einem Randaspekt dieses Streits. Zeitgleich zur Konferenz demonstrieren unter anderem Opfervertreter für eine rückhaltlose Aufarbeitung der Missbrauchsfälle.

In einer Rede vor den Bischöfen würdigte Robert Zollitsch den scheidenden Papst Benedikt. Nach acht Jahren Amtszeit überwiege „das Empfinden des tiefen Respekts und des Dankes, in das sich aber auch durchaus Wehmut mischt“. Allerdings sei ihm „nicht alles geglückt“, sagte der Freiburger Erzbischof, „er fand Kritik und konnte die unendlich vielen Erwartungen so Vieler natürlich nicht erfüllen.“

MATTHIAS DROBINSKI

Zuletzt geändert am 19­.02.2013