| |
Veröffentlicht am 10­.05.2013

10.5.2013 - Neue Osnabrücker Zeitung

„Wir sind Kirche“: Kardinal Meisner hat der katholischen Kirche geschadet

Osnabrück. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat nach Ansicht der Reforminitiative „Wir sind Kirche“ dem Ansehen der katholischen Kirche in Deutschland „mehr geschadet als zum Glauben eingeladen“.

In einem Gespräch mit unserer Zeitung, sagte „Wir sind Kirche“-Sprecher Christian Weisner, ein Nachfolger Meisners werde es schwer haben, nach dem autoritativen Stil des Kardinals wieder eine gemeinsame Linie für die Katholiken im Erzbistum Köln zu gewinnen. Der Sprecher erklärte, Meisner stehe für eine „absolut linientreue und romhörige Kirche“. Der Kardinal habe den innerkirchlichen Richtungskampf angestachelt. Dazu habe er immer wieder seine direkten Drähte zu Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. ausgenutzt „und gegen seine Bischofskollegen eingesetzt“.

Weisner äußerte sich anlässlich der Ankündigung des 79-jährigen Kardinals, er wolle mit Vollendung seines 80. Lebensjahres im Dezember zurücktreten.
Das wäre am 25. Dezember dieses Jahres. „Dann sollte es auch mal gut sein“, hatte der Kardinal, der als profiliertester konservativer Vertreter der katholischen Kirche in Deutschland gilt, in Köln gesagt. Er werde ein entsprechendes Gesuch im Vatikan einreichen. Er rechne „sehr stark“ damit, dass der Papst seinem Wunsch entsprechen werde. Meisner steht seit 1989 an der Spitze der größten deutschen Diözese.

Seine Nachfolge ist noch unklar. Meisner sagte, er habe darüber weder mit Papst Benedikt XVI. noch mit Papst Franziskus je gesprochen. Meisners eigener Ernennung war ein langes Tauziehen zwischen Papst Johannes Paul II. und dem Kölner Domkapitel vorausgegangen. Ein katholischer Bischof muss nach geltendem Kirchenrecht mit 75 Jahren dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Dies hatte auch Meisner getan. Papst Benedikt XVI. hatte das Gesuch aber abgelehnt. Im Ruhestand will Meisner seine Memoiren schreiben. Er werde weiter in Köln bleiben, aber nicht mehr im Erzbischöflichen Haus wohnen, sagte er.

Meisner erwies sich in seiner Amtszeit als sehr streitbar. Immer wieder machte er bundesweit Schlagzeilen, etwa wenn er Abtreibungen mit den Verbrechen der Nazis verglich. Meisner wurde 1980 Bischof von Berlin und 1989 Erzbischof von Köln. In diesem Jahr überraschte er mit einer Kehrtwende bei der „Pille danach“: Zwei katholische Krankenhäuser in Köln hatten eine vergewaltigte Frau abgewiesen, woraufhin eine Welle der Empörung über die Kirche hereinbrach. Daraufhin ließ Meisner die „Pille danach“ für vergewaltigte Frauen plötzlich doch zu, weil neuere Präparate keine abtreibende Wirkung mehr hätten. Die Deutsche Bischofskonferenz folgte seiner Linie. (mit dpa)

http://www.noz.de/deutschland-und-welt/politik/71999961/wir-sind-kirche-kardinal-meisner-hat-der-katholischen-kirche-geschadet

Zuletzt geändert am 10­.05.2013