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Veröffentlicht am 28­.09.2013

28.9.2013 - Neue Westfälische

Paderborner Hirte in schwierigen Zeiten

Paderborner Hirte in schwierigen Zeiten Erzbischof Hans-Josef Becker (65) vor zehn Jahren in sein Amt eingeführt

VON PETER HASENBEIN

Bescheiden führt Erzbischof Hans-Josef Becker sein hohes Amt aus. Am Montag begeht er in Paderborn sein Amtsjubiläum.

Paderborn. Es war ein ungewöhnlich schneller Aufstieg, den Erzbischof Becker damals erlebte: Gerade einmal zweieinhalb Jahre war der gebürtige Sauerländer Weihbischof in Paderborn, als er die Verantwortung für das heute 1,6-Millionen Mitglieder zählende Erzbistum übernehmen musste. Nach dem plötzlich Tod von Johannes Joachim Kardinal Degenhardt leitete Becker das Bistum seit Juli 2002 als Diözesanadministrator und bereits ein Jahr später als Erzbischof. Zu der Zeit hatten die Schwierigkeiten in der katholischen Kirche längst Fuß gefasst: Schwindende Mitgliederzahlen, immer weniger Gottesdienstteilnehmer und rasant abnehmende Priesterzahlen fordern eine völlige Neuorientierung in den Pfarrgemeinden.

Ein Thema, das vor allem den Oberhirten beschäftigen muss. Aus 213 Pastoralverbünden sollen in den nächsten Jahren 88 pastorale Räume werden. Kaum eine Zahl führt die Umwälzungen in den Pfarrgemeinden deutlicher vor Augen. Erzbischof Becker hat sich dieser Aufgabe gestellt. Unter seiner Leitung und in Zusammenarbeit mit den Angestellten im Generalvikariat laufen seit Jahren Gespräche mit den Gläubigen in den Pfarrgemeinden, wie diese Veränderungen gemeistert werden können.

Auch mit externen Experten, die das Erzbistum Paderborn beraten. "Auch kritisch beraten", wie Insider zu berichten wissen. Bei der Diskussion um die Zukunft der Kirche, in den Gesprächen mit der Basis geht das Erzbistum Paderborn Wege, die längst nicht in jedem Bistum so beschritten werden. Mitarbeiter des Erzbischofs sind sogar überzeugt, dass Paderborn in diesem Punkt weiter ist, als alle anderen Bistümer in Deutschland. Doch ob Spitzenreiter oder nicht - fest steht: Hans-Josef Becker kann zupacken, schiebt Entscheidungen nicht auf die lange Bank, auch unbequeme nicht.

Alles gut also unter der Führung des Erbischofs? Das werden freilich nicht alle Schäfchen im Bistum unterschreiben. Denn die Basis, die bei den Gesprächen - wie jüngst bei der Pastoralwerkstatt im Juni geschehen - stellen die Gläubigen, die eher auf der offiziellen Linie der Kirche liegen. Die innerkirchlichen Kritiker wie die Vertreter der Wir-sind-Kirche-Gruppe zum Beispiel waren nicht eingeladen, obwohl sie gern dabei gewesen wären.

Diese Kontakte zu den Kritikern hat Erzbischof Becker nie ernsthaft weiter gepflegt. Gespräche, die einst sogar schon unter Kardinal Degenhardt zaghaft angefangen hatten und zu einem Treffen zwischen den Kritikern und dem damaligen Leiter der Priesterausbildung, Peter Klasvogt, führten, sind seit Jahren für Becker kein Thema. Wie der Erzbischof erst im Sommer noch gegenüber dieser Zeitung gestand, sieht er in den Kritikern nicht einmal eine "formale Gruppe", sondern nur Einzelpersonen.


Die Zahl ist in Paderborn und in Ostwestfalen-Lippe in der Tat überschaubar, aber organisiert ist die Gruppe bereits seit vielen Jahren - auch auf Bundes und sogar internationaler Ebene. Und wenn die Protestaktion bei jeder Priesterweihe zu Pfingsten auf der Paderborner Domtreppe ebenfalls sehr überschauber ist, die Ziele, die die Kirchenkritiker vertreten, werden von so manchem Gläubigen geteilt.

Nicht aber vom Erzbischof. Hans-Josef Becker verweist darauf, dass sich so manches Anliegen, das die Kirchenkritiker vortragen, in der reformierten Kirche nicht stellen oder gelöst sind - wie das Zölibat oder Frauen im Priesteramt. Trotzdem stelle sich auch in der reformierten Kirche "das grundlegende Problem des Christseins und des Kirchenlebens nicht weniger dramatisch dar" wie in der katholischen Kirche, betonte Becker beim Libori-Empfang in diesem Jahr.

Für den Paderborner Oberhirten führt der Weg in die Zukunft in erster Linie über die Bibel selbst. Die Botschaft der Bibel ist für den Erzbischof die Richtschnur: "Eine wahre Kirchenreform kann es ohne Erneuerung des Glaubens und ohne tiefe Einwurzelung aller Glieder der Kirche im Geheimnis Gottes nicht geben", formulierte Becker ebenfalls auf Libori. Das kennzeichnet den 65-Jährigen in seiner Einstellung zum Glauben und zum Volk der Gläubigen mehr als alles andere.

Und wenn Becker seinen Glauben verkündet, sind große Gesten nicht seine Sache, auch nicht in der Leitung des Erzbistums. Eher bescheiden führt er sein hohes Amt, Wirbel um seine Person sind ihm zu wider. Das zeigte sich auch noch im Sommer zu seinem 65. Geburtstag. Da weilte Becker an seinem Festtag in Köln bei einem Eucharistischen Kongress - und konnte in aller Stille für sich und dennoch zugleich ein großes Fest des Glaubens mit 40.000 Menschen feiern.

http://www.nw-news.de/owl/kreis_paderborn/paderborn/paderborn/9302678_Paderborner_Hirte_in_schwierigen_Zeiten.html

Zuletzt geändert am 30­.09.2013