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Veröffentlicht am 17­.01.2014

17.1.2014 - Bayerischer Rundfunk

"Wir sind Kirche" kritisiert Maulkorb für Pfarrer

Die Volksbewegung "Wir sind Kirche" kritisiert den Führungsstil der Erzdiözese Bamberg. Diese hatte dem katholischen Pfarrer Stefan Hartmann aus Oberhaid (Lkr. Bamberg) untersagt, sich öffentlich zur Ehelosigkeit von Priestern zu äußern.

"Wir sind Kirche" schrieb als Antwort auf das Ermahnungsschreiben des Erzbischöflichen Ordinariats einen offenen Brief an die Erzdiözese Bamberg. Darin lobt sie den mutigen Schritt des Oberhaider Pfarrers Hartmann, der sich in den Medien zu seiner heute 24 Jahre alten Tochter bekannt hat.

"Vorkonziliarer Führungsstil"

Gleichzeitig kritisiert die Volksbewegung den "vorkonziliaren Führungsstil der Erzdiözese Bamberg". Das Ermahnungsschreiben des Erzbistums zeige keine Dialogbereitschaft, sondern sei ein Maulkorberlass.

"Es ist eine unangemessene Reaktion der Bamberger Kirchenleitung, Pfarrer Dr. Hartmann verbieten zu wollen, den Pflichtzölibat als 'Anachronismus' zu bezeichnen."

Offener Brief von 'Wir sind Kirche'

Nicht die Äußerungen des Pfarrers schaden der Kirche, sondern die weltfremde Reaktion der Kirchenleitung, so die Volksbewegung.
Harry Luck, Pressesprecher des Erzbistums Bamberg, hatte dem Bayerischen Rundfunk erklärt, dass es sich bei dem Schreiben lediglich um eine Ermahnung handle. Diese Ermahnung habe keine kirchenrechtlichen Konsequenzen für den Priester. Man wolle nun das Gespräch mit dem Geistlichen suchen.

Pfarrer veröffentlicht Brief auf Facebook

Hartmann hatte den Brief des Erzbistums am Donnerstag (16.01.14) auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht. Wörtlich heißt es in dem Schreiben, Hartmann verursache mit seinen Äußerungen "für die kirchliche Gemeinschaft Schaden und Verwirrung".

Bistumsleitung wusste schon 2008 Bescheid

Der 59-jährige Geistliche war in die Schlagzeilen geraten, als er sich in den Medien zu seiner Tochter bekannte. Dies sei aber weder für die Gemeinde noch für das Erzbistum Bamberg etwas Neues gewesen, sagte ein Sprecher des Erzbistums. Der Pfarrer habe seine Gemeinde schon vor Jahren darüber informiert. Auch die Bistumsleitung wisse bereits seit 2008 von der Tochter.

Kein dauerhafter Zölibatsbruch

Ein beruflicher Nachteil sei ihm daraus nicht erwachsen, auch disziplinarische Konsequenzen habe es nicht gegeben, so der Sprecher weiter. Was nicht zuletzt wohl auch daran liegt, dass es sich kirchenrechtlich nicht um einen dauerhaften Zölibatsbruch handelt, wie er sich beispielsweise durch eine Heirat ergeben würde.

Hartmann kritisiert Zölibatspflicht

Vergangene Woche ging der Priester allerdings in die Offensive. In einer Aufzeichnung des Südwestrundfunks, die am Freitag (10.01.14) im SWR Fernsehen ausgestrahlt wurde, bekannte er sich nicht nur öffentlich zu seiner Tochter, sondern kritisierte das Zölibat als "Anachronismus, der vielen Menschen und der Kirche schadet". Auf seiner Facebook-Seite hatte er zusätzlich ein weiteres Statement veröffentlicht.

"Mit meiner deutlichen Zölibatkritik möchte ich nicht den Sinn und die Glaubwürdigkeit des zölibatären Lebens vieler Ordensleute und Priester, die sich an eine geistliche Regel halten, in Frage stellen. Sinn und Glaubwürdigkeit würden aber weit mehr aufleuchten können, wenn die Zölibatsverpflichtung der Weltpriester offen gestellt würde. Viele Mitbrüder leiden unsäglich unter der Einsamkeit, der sie sich in jungen Jahren aus Idealismus versprochen haben."

Priester Stefan Hartmann

Er habe sein Kind über Jahre verleugnet, um seine Kirchenkarriere nicht zu riskieren, wurde er in einer SWR-Mitteilung zitiert. "Das lange Schweigen war feige und ist durch nichts gut zu machen". Durch den liberalen Papst Franziskus fühle er sich zu dieser "Unruhestiftung" motiviert.

Rückzug aus der Öffentlichkeit

Pfarrer Hartmann sollte einer der Gesprächspartner bei der für kommenden Mittwoch (22.01.14) geplanten Sendung Bürgerforum Live des Bayerischen Fernsehens sein. Das Thema dieser Live-Sendung aus Bamberg lautet diesmal: "Umbruch in Krisenzeiten - Welche Reformen braucht die katholische Kirche?"

Seine Teilnahme an dieser Sendung musste Hartmann nun aber absagen. Auch Bambergs Erzbischof Ludwig Schick sei angefragt worden, so sein Pressesprecher Harry Luck. Der Erzbischof habe sich aber noch nicht entschieden.

Weitere Vorwürfe

In dem Schreiben des Erzbistums wird Hartmann auch vorgeworfen 2012 versucht zu haben bei zwei evangelischen Landeskirchen eine Anstellung zu finden. Dies habe er zwar abgebrochen, habe sich aber nicht davon distanziert.





Kurzbiografie Stefan Hartmann

Der in Theologie promovierte Pfarrer, der auch Psychologie und Philosophie studierte, galt nach Informationen des Bayerischen Rundfunks früher selbst eher als konservativer Priester. Stefan Hartmann ist seit 1996 Gemeindepfarrer im Erzbistum Bamberg.

http://www.br.de/nachrichten/oberfranken/priester-tochter-zoelibat-100.html

Zuletzt geändert am 19­.01.2014