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Veröffentlicht am 18­.02.2014

18.2.2014 - Rheinische Post

Griff Tebartz-van Elst in Armenfonds?

Düsseldorf. Gegen den Limburger Bischof sind neue Vorwürfe erhoben worden: Er soll für den Bau seines Bischofssitzes auch Gelder einer Stiftung der Kirche verwendet haben. Die Baukosten insgesamt könnten bei 40 Millionen Euro liegen.

Von Reinhold Michels und Lothar Schröder

Mit jedem Tag, an dem Papst Franziskus noch nicht abschließend und unanfechtbar entschieden hat, welche künftige Verwendung er für den umstrittenen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst vorsieht, wächst die Spannung in dieser für die katholische Kirche in Deutschland peinlichen Angelegenheit. Zusätzlich wurde das Rätseln über die Zukunft eines vom Niederrhein stammenden Bischofs und Theologieprofessors, der einmal zu den hoffnungsvollen jüngeren Leitern der 27 deutschen (Erz-) Diözesen zählte, durch jüngste Veröffentlichungen angeheizt. Sollten sich diese als wahr herausstellen, verschlüge das auch den bisherigen Unterstützern von Tebartz-van Elst in Deutschland und im Vatikan die Sprache. So berichtete die "Süddeutsche Zeitung" über den Abschlussbericht einer Prüfkommission zum Finanzgebaren Tebartz-van Elsts beim Bau des zwischen 30 und 40 Millionen Euro teuren neuen Bischofs- und Begegnungshauses auf dem Limburger Domberg. Danach soll der vorübergehend in einem niederbayerischen Kloster lebende Bischof, dem der Papst bis zur Klärung der Vorwürfe eine Auszeit verordnete, Stiftungsgeld für den Neubau verwendet haben.

Aus einem süddeutschen Bistum, das Tebartz-van Elst bislang nicht vorverurteilt hat, war dazu gestern zu hören: "Wenn das stimmt, wäre das für den Bischof das Ende der Fahnenstange und zudem womöglich ein Fall für den Staatsanwalt, weil der Verdacht der Untreue herrschte." Als kirchenrechtliche Sanktion käme eine Degradierung in Betracht. Tebartz dürfte keine Diözese mehr leiten, bliebe nur Titularbischof. Irgendeine weitere Verwendung, allerdings nicht in der Kurie in Rom, würde man dann schon für ihn finden. Allerdings, so meinte man, falle ein Widerspruch auf: Einerseits heiße es in dem Bericht der Zeitung, dass Tebartz und dessen umtriebiger damaliger Generalvikar Franz Kaspar Erträge in Millionenhöhe aus einer 1949 gegründeten, inzwischen aufgelösten Stiftung St.-Georgswerk für arme Familien abgezweigt hätten, um damit Rechnungen für das teure "Diözesane Zentrum Sankt Nikolaus" am Limburger Domberg zu begleichen; andererseits werde aber betont, dass Tebartz und Kaspar wohl keine Strafverfolgung – etwa wegen des Verdachts der Untreue – zu befürchten hätten. Das passe nicht zusammen.

So hatte die Stiftung auch die Aufgabe gehabt, neben dem Bau von Wohnraum den Wiederaufbau kirchlicher Gebäude zu unterstützen. Wobei die Arbeit der Stiftung als eine diözesane Gesamtaufgabe gesehen wurde. So ist nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs jeder katholische Arbeitnehmer des Bistums aufgerufen worden, den Lohn einer Arbeitsstunde für das Georgswerk zu spenden. Die Stiftung gehörte nach Angaben des Bistumssprechers zum Bischöflichen Stuhl.

Nach Meinung von Kirchenrechtlern wird bei der Einordnung und der Bewertung der Limburger Baufinanzierung durch die Kommission jetzt der genaue Zweck der Stiftung zu klären sein. So ist der Umgang mit Stiftungen nach den Worten von Kirchenrechtler Georg Bier aus Freiburg zwar im kirchlichen Vermögensrecht geregelt; doch müssen letztlich deren Gelder gemäß dem Stifterwillen auch eingesetzt werden. Dass dies eigens betont wird, deutet möglicherweise auf einen mancherorts flexiblen Umgang mit Stiftungsgeldern hin. Zudem scheinen allein aufgrund ihrer großen Zahl Stiftungen leicht aus dem Blick der Öffentlichkeit zu verschwinden. Allein im Erzbistum von München und Freising soll es rund 7000 Stiftungen in kirchlicher Trägerschaft geben.

Immer stärker ins Blickfeld diözesaner Finanzstrukturen geraten zudem die Sonderguthaben der Bischöflichen Stühle. "Dieses Geld ist aber keinswegs eine Art Privatgeld des Bischofs, mit dem er machen kann, was er will", sagte gestern Christian Weisner von der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" unserer Zeitung. So gebe es auch für dieses Vermögen eine Rechenschaftspflicht gegenüber den Gläubigen. Weil es das Geld sei, das die Katholiken auch der Vorgängergeneration oft mühsam zusammengetragen und -gespart hätten.

Nach seinen Worten geht es aber in dieser Debatte, die ein schmerzhaftes und hartes Lernen der Kirche sei, mittlerweile nicht nur um die Falschaussagen des Bischofs zu einer Flugreise und auch nicht mehr um die Baukosten des Bischofssitzes, sondern um den praktizierten Führungsstil des Limburger Bischofs. Und so wird infolge der Debatte schon jetzt über ein neues Bischofsverständnis nachgedacht. Impulse dazu kamen aus Rom von Papst Franziskus, der erklärt hatte, künftig weniger Theologieprofessoren und Staatsfunktionäre an der Spitze der Bistümer zu wollen sondern vor allem Hirten. Das ist ein Bischofsprofil, das sich mehr an pastoralen Aufgaben ausrichtet als an Kirchenrecht. Eine größere Beteiligung der Laien an Bischofsernennungen wird inzwischen nicht nur von der Kirchenvolksbewegung und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken unterstützt; auch Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck zeigt sich durchaus aufgeschlossen. Dabei müsse es nach den Worten Christian Weisners ja nicht wie bei Landtagswahlen zugehen.

Der Fall Limburg könnte am Ende sogar der Anstoß zu Reformen werden. Zunächst aber werden die kühlen Rechner das Wort haben, wenn voraussichtlich in der zweiten Wochenhälfte der Kommissionsbericht Papst Franziskus in Rom und Erzbischof Robert Zollitsch als Vorsitzendem der Deutschen Bischofskonferenz zugestellt wird. Schon jetzt wird es positiv gesehen, dass die Kommission in deutschen Händen geblieben ist und damit der Kirche hierzulande das Angebot gemacht wurde, Aufklärung in eigener Sache zu betreiben.

http://www.rp-online.de/politik/griff-franz-peter-tebartz-van-elst-in-armenfonds-aid-1.4044305

Zuletzt geändert am 19­.02.2014