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Veröffentlicht am 18­.07.2014

18.7.2014 - spiegel.de

Katholische Kirche: Was wurde aus... Tebartz-van Elst und dem Bistum Limburg?

Von Claus Hecking

In diesen Wochen zieht Franz-Peter Tebartz-van Elst um: ins "kleine Rom". So nennen sie in Kirchenkreisen die Domstadt Regensburg. Hier, wo die katholische Kirche noch etwas konservativer ist als andernorts, wo einst Joseph Ratzinger lehrte, findet der frühere Bischof von Limburg Zuflucht. Eine ganz normale Durchschnittswohnung werde Tebartz-van Elst beziehen, heißt es aus seinem Umfeld: viel kleiner als seine prunkvolle 283-Quadratmeter-Dienstresidenz in Limburg, die er nun für immer verlässt. Noch im August - bislang war von September die Rede - solle der Ortswechsel vollzogen sein. Und die Miete in Regensburg zahle er selbstverständlich aus eigener Tasche.

"Bischof Bling-Bling", wie das französische Magazin "Le Point" Tebartz-van Elst getauft hat, übt sich in Bescheidenheit. Millionen hat er verschwendet beim Ausbau seines Limburger Sitzes, der statt geplanter 5,5 Millionen Euro am Ende mehr als 30 Millionen Euro gekostet hat.

Auch tiefgläubige Katholiken und Pfarrer waren entsetzt über den autoritären Würdenträger, der sich in die Bischofsresidenz einen mindestens 18.000 Euro teuren Seilzug für einen Adventskranz installieren lässt. Der sich Koi-Karpfen für den Teich zulegt, fast 790.000 Euro in den Umbau seines privat genutzten Mariengartens steckt. Es über Jahre hinweg schafft, diese Kostenexplosion zu verheimlichen, weil die Kirchengremien im Bistum nicht wirklich hinschauen. Zunächst lügt, als er vom SPIEGEL nach einem Flug nach Indien in der First Class gefragt wird - und später vor Gericht sogar eine falsche eidesstattliche Erklärung abgibt.

"Er ist ja nicht im Ruhestand"

Im Herbst 2013 ist der heute 54-Jährige wochenlang Buhmann der Nation, Gläubige in Limburg treten seinetwegen aus der Kirche aus. Im Oktober 2013 suspendiert Papst Franziskus Tebartz-van Elst vom Amt; am 26. März 2014 nimmt er sein Rücktrittsgesuch an, beruft ihn endgültig als Bischof von Limburg ab. Und doch lebt Tebartz-van Elst monatelang weiter in seiner prunkvollen Residenz auf dem Domberg, zahlt nur die Nebenkosten, aber keine Miete - trotz monatlicher Bezüge von mehr als 6600 Euro.

Freiwillig bleibt er nicht so lange in Limburg. Tebartz-van Elst findet nur mit Mühe eine neue Heimat - in vielen Bistümern sei er unerwünscht, heißt es. Im Juni geben dann seine Geschwister bekannt, dass er demnächst nach Regensburg umziehen wird. Der dortige Bischof hat sich seiner erbarmt. "Ich weiß nicht, ob sich die allgemeine Bevölkerung vorstellen kann, wie es jemandem geht, der nirgendwo mehr gelitten ist", sagt Rudolf Voderholzer. "Ich habe immer gesagt, er ist im Bistum Regensburg willkommen."

Im kleinen Rom will Tebartz-van Elst nun auf neue Aufgaben aus dem großen Rom warten. "Er ist ja nicht im Ruhestand, sondern weiter Bischof der katholischen Kirche und muss seinen Dienst verrichten", verlautet aus seinem Lager. In Regensburg wird er öffentliche Auftritte wohl meiden. "Viele Gläubige hier waren entsetzt, als sie hörten, dass Tebartz zu uns kommt", sagt Sigrid Grabmeier von der Reformgruppe "Wir sind Kirche" zu SPIEGEL ONLINE. "Wir akzeptieren, dass er hier leben wird. Aber wir hätten Probleme damit, wenn er große Gottesdienste konzelebrieren würde."

Bistum will Vermögen offenlegen

Regensburg ist für den Skandalbischof wohl nur eine Übergangsstation. "Was immer ihm der Vatikan vorschlägt, wird er annehmen", sagt eine ihm nahestehende Person. Laut Pfarrer Wolfgang Rösch, dem Stellvertreter des kommissarischen Limburger Bistumsleiters Manfred Grothe, sucht die Bischofskongregation für Tebartz-van Elst bereits intensiv eine neue Stelle im Ausland.

Das Limburger Bistum ist Tebartz-van Elst demnächst los. Seine Probleme hat es damit aber noch lange nicht gelöst. "Was sich da ereignet hat, war nicht nur ein kleiner Betriebsunfall, sondern ein Crash", hat der Weihbischof Grothe kürzlich auf "Faz.net" gesagt. "Ich dachte ja anfangs, ich würde nur ein halbes Jahr hierbleiben, um die machbaren Probleme zu lösen. Aber die Aufgaben, die nicht einfach von jetzt auf gleich zu lösen sind, brauchen mehr Zeit."

Am Freitag will das Bistum den ersten Schritt gehen: Es hat angekündigt, sein Vermögen offenzulegen. Veröffentlicht werden sollen die Daten von Bistum, Domkapitel, dem Bischöflichen Stuhl und einer Stiftung. Limburg sei die erste Diözese, die das in diesem Umfang vorhabe, sagte der Kirchenrechtler Thomas Schüller aus Münster. "Das hat noch keine Landeskirche und kein Bistum gemacht."

Abseits der Transparenzoffensive aber haben sich die personellen Strukturen bislang kaum verändert. Tebartz-van Elsts einstiger persönlicher Referent etwa ist nun in gleicher Funktion für Grothe tätig. Demnächst beginnen in Limburg wieder Bauarbeiten, unter demselben Diözesanbaumeister, der nun das überalterte, marode Priesterseminar modernisieren soll. Und das Domkapitel, das einst den Umbau des Bischofssitzes beauftragte und Tebartz dann nach Belieben gewähren ließ, hat es bislang bei einer öffentlichen Entschuldigung bewenden lassen.

"Gerade sagte mir ein Mitarbeiter im bischöflichen Ordinariat: 'Es hat sich nichts verändert'", erzählt der Limburger Pfarrer Hubertus Janssen im Gespräch. "Die meisten Gläubigen sind zutiefst enttäuscht - nicht nur vom Bischof, sondern von denen, die ihn viel zu lange unterstützt haben." Um Vertrauen zurückzugewinnen, müssten "auch das Domkapitel und der Vermögensverwaltungsrat Konsequenzen ziehen und den Weg für einen Neuanfang freimachen", fordert Janssen.

"Er hätte damals Reue zeigen müssen"

Einen Nachfolger für Tebartz-van Elst wird es so schnell nicht geben. Nach Einschätzung des Oberurseler Pfarrers Reinhold Kalteier könnte der Bischofsstuhl durchaus zwei Jahre unbesetzt bleiben. "Der Fall muss erst einmal aufgearbeitet werden, die vielen enttäuschten, verletzten Menschen müssen zu Wort kommen", sagt der langjährige Sprecher des Priesterrats im Bistum Limburg. Er selbst und andere hohe Würdenträger im Bistum hätten aber aus dem Skandal gelernt: "Wir sind kritischer geworden bei der Umsetzung von Beschlüssen und im Umgang mit dem Geld." Und der fast 790.000 Euro teure Mariengarten ist jetzt für Jedermann zugänglich.

Der Hauptdarsteller hat bis heute kein großes öffentliches Geständnis abgelegt. "Er hätte damals Reue zeigen müssen, dann hätte man ihm verziehen", sagt der Kommunikationsberater Hasso Mansfeld, der während des Skandals vergeblich versuchte, den Bischof zur Beichte zu bewegen. Nun werde der Gefallene dazu wohl für immer schweigen.

Angst vor Strafverfolgung muss er nicht mehr haben; vor weltlichen Gerichten droht ihm keine Anklage. Zwar habe es etliche Verstöße gegeben, hat die Staatsanwaltschaft Limburg unlängst verkündet, sie richteten sich aber allein gegen innerkirchliche Normen. Und dass eine Diözese einen hohen Amtsträger in Regress nimmt, wäre ein Novum in der deutschen katholischen Kirche.

Der Bischof könnte nun ein Zeichen setzen, einen Teil seines Salärs als kleine Wiedergutmachung spenden. Weder Kalteier noch Janssen oder andere Würdenträger im Bistum rechnen damit. Aber für Überraschungen war Franz-Peter Tebartz-van Elst schon immer gut.

http://www.spiegel.de/panorama/leute/tebartz-van-elst-was-wurde-aus-bischof-und-bistum-in-limburg-a-981500.html

Zuletzt geändert am 19­.07.2014