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Veröffentlicht am 18­.07.2014

18.7.2014 - oberpfalznetz.de

Tebartz-van Elst vertreibt Gläubige

Wieder mehr Austritte aus katholischer Kirche - Bistum Regensburg verliert rund 5000 Mitglieder In der Oberpfalz leben zwar gemessen am Bevölkerungsanteil besonders viele Katholiken, außerordentlich fromm sind die Oberpfälzer aber nicht. Sowohl im Bistum Görlitz, als auch im Bistum Erfurt besucht ein höherer Anteil der Gläubigen die Gottesdienste als im Bistum Regensburg.

In diesen Diözesen in Ostdeutschland gehen 20,1 Prozent beziehungsweise 18,5 Prozent der Kirchenmitglieder zur Messe. In der Aufstellung der Deutschen Bischofskonferenz landet das Bistum Regensburg erst auf dem dritten Platz Hier besuchen 16,6 Prozent die Gottesdienste.

Zudem kehren auch der Diözese Regensburg vermehrt die Gläubigen den Rücken. Im vergangenen Jahr waren es 5458, deutlich mehr als im Jahr 2012 mit 3810 oder im Jahr 2011 mit 3907. Noch höher als vergangenes Jahr lag die Zahl der Kirchenaustritte im Jahr 2010. Damals verließen im Bistum 6658 Katholiken die Kirche. In dieser Zeit prägte der Skandal um das jahrzehntelange Verschweigen der Fälle sexuellen Missbrauchs in der Kirche die Wahrnehmung. 2013 verließen bundesweit 178 805 Mitglieder die Kirche, nach 118 335 im Jahr 2012.

Eine Reihe von Skandalen

In der "Chronifizierung der Skandale in der katholischen Kirche", sieht der Freiburger Religionssoziologe Michael Ebertz im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur eine der "Hauptursachen für die hohen Austrittszahlen". Neben dem Missbrauchsskandal verweist er vor allem auf Limburg und "den verheerenden Umgang mit Finanzen" im Bistum.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, verklausuliert dies. Der Erzbischof von München-Freising spricht davon, dass "das zweite Halbjahr 2013 ... zu einem Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust geführt" habe. Gemeint ist offensichtlich der Finanzskandal um den inzwischen zurückgetretenen Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst. Auf diesen verweist auch die Gruppe "Wir sind Kirche". Sie beklagt zudem, dass einige Bischöfe und Kardinäle den 54-Jährigen bis zuletzt gedeckt und verteidigt hätten. Dies habe "in Deutschland alle positiven Franziskus-Effekte und Bemühungen dialogbereiter Bischöfe zunichte gemacht".

Ebertz, Professor an der Katholischen Hochschule Freiburg, erwartet, dass die Zahl der Kirchenaustritte dieses Jahr nochmals zulegen wird. Gespeist wird diese Haltung aus seiner Befürchtung, dass es weitere Skandale geben könnte. Er erinnert daran, dass längst nicht alle Bistümer ihre Finanzen offen gelegt haben.

Kaum besser als in Regensburg sieht es in den Bistümern Eichstätt und Bamberg aus: Letzterem kehrten 4757 Mitglieder den Rücken, in Eichstätt waren es 2559 - eine deutliche Zunahme. Im Bistum Bamberg schnellte die Zahl der Ausritte um gut 50 Prozent nach oben. Im Erzbistum München und Freising stieg die Zahl der Kirchenaustritte um knapp 40 Prozent.

Bundesweit sank der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung vergangenes Jahr auf 29,9 Prozent, nach 30,3 Prozent im Jahr 2012. Insgesamt sind noch rund 24 Millionen Menschen Mitglied in der katholischen Kirche. Das Bistum Regensburg verzeichnet 1,2 Millionen Gläubige, das Bistum Eichstätt rund 409 000 und das Bistum Bamberg gut 703 700.

Bischöfe in der Pflicht

"Jeder Katholik, der sich von der Kirche abwendet, ist ein Mensch, der fehlt", sagt Clemens Neck, Sprecher des Bistums Regensburg. Den Kirchenaustritt nennt er "ein Signal, das es wahrzunehmen, zu verstehen und zu respektieren gilt".

Um den hohen Austrittszahlen zu begegnen fordert Kardinal Marx, dass alle in der katholischen Kirche versuchen sollten, "auf allen Ebenen Vertrauen zu schaffen". Sein Rezept: "Gute und überzeugende Arbeit." Dabei sieht er zuvorderst die Geistlichen in der Pflicht: "Das gilt natürlich besonders auch für uns als Bischöfe und Priester."

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Zuletzt geändert am 21­.07.2014