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Veröffentlicht am 19­.10.2014

19.10.2014 - Wochenblatt

Vatikan-Synode ohne Einigung zu Schwulen und Scheidung

Die Sondersynode der katholischen Kirche zum Thema Ehe und Familie ist ohne Einigung in strittigen Fragen zu Ende gegangen. Die Anläufe zu einer offeneren Haltung gegenüber Homosexuellen und wiederverheirateten Geschiedenen scheiterten.

Die Sondersynode der katholischen Kirche zum Thema Ehe und Familie ist nach heftigen Debatten ohne Einigung in strittigen Fragen zu Ende gegangen. Laut den vom Vatikan veröffentlichten Abstimmungsergebnissen scheiterten die Anläufe zu einer offeneren Haltung gegenüber Homosexuellen und wiederverheirateten Geschiedenen nur knapp. Kirchengruppen, Politiker und Aktivisten kritisierten zwar, dass keine Fortschritte erzielt wurden, lobten aber zugleich den Dialog.

Papst Franziskus hatte im Vorfeld der zweiwöchigen Synode zu einem "barmherzigeren" Umgang der Kirche mit ledigen Müttern, wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen aufgerufen. Nach der Abstimmung der 183 männlichen Synoden-Mitglieder über die insgesamt 62 Punkte wurde das gesamte Abschlussdokument inklusive der Abstimmungsergebnisse auf Wunsch des Papstes veröffentlicht. Vatikansprecher Federico Lombardi sprach von einer "ausgeglichenen" Abschlusserklärung.

Zur Verabschiedung war jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Bei den besonders strittigen Paragrafen wurde diese nicht erreicht, allerdings fiel das Ergebnis nur knapp aus: Von 183 Mitgliedern der Synode stimmten 118 dafür, Homosexuellen mit mehr Respekt zu begegnen, nur 62 stimmten dagegen. Für die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Eucharistie stimmten 104 der Synoden-Mitglieder aus aller Welt, 74 stimmten dagegen.

In einem Zwischenbericht hatte sich am Montag zunächst eine neue Haltung gegenüber Homosexuellen angedeutet, was jedoch Empörung bei Konservativen auslöste. Beobachtern zufolge könnten die frühen Berichte sich als nachteilig für die liberalen Geistlichen ausgewirkt haben, die den konservativeren Zugeständnisse abringen wollten.

Ein vom Vatikan im Vorfeld verschickter Fragebogen hatte ergeben, dass viele Gläubige zu strittigen Themen andere Auffassungen vertreten als die Kirche. Der Vatikan betonte nach dem Ende der Synode, die strittigen Punkte stünden nach wie vor auf der Agenda. Papst Franziskus zeigte sich zuversichtlich, dass im kommenden Jahr "konkrete Lösungen" bei den umstrittenen Punkten gefunden werden könnten.

Der Synode sollen nun ein Jahr lang Beratungen folgen, bevor im Oktober 2015 eine zweite, größere Synode abgehalten werden soll. Die Ergebnisse sollen dann dem Papst vorgelegt werden, der das letzte Wort hinsichtlich der kirchlichen Ausrichtung hat.

Unterdessen berichtete die italienische Zeitung "La Repubblica", der emeritierte Papst Benedikt XVI. habe Versuche konservativer Geistlicher abgewiesen, Einfluss auf die Synode zu nehmen. Das Blatt berichtete unter Berufung auf gut informierte Kreise, mehrere Kardinäle hätten Benedikt XVI. heimlich aufgesucht, um gegen die von Franziskus angestrebte Öffnung der Kirche zu protestieren.

Die internationale Bewegung Wir sind Kirche begrüßte den bei der Synode angestoßenen "Dialogprozess". Die Bewegung zeigte sich zuversichtlich, dass der Prozess letztlich "zu einer Rücknahme falscher oder überholter Doktrinen und zu einer Weiterentwicklung der Lehre" führe.

Das Netzwerk katholischer Lesben (NkaL) und die Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (Huk) erklärten, es sei "nur ein kleiner Schritt beim Aufholen des langjährigen Reformstaus" getan. Der religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, nannte die Ergebnisse der Synode "enttäuschend". Dass die Entscheidungen zu den strittigen Fragen aber äußerst knapp ausgefallen seien, zeige, dass eine große Mehrheit der Bischöfe Änderungen wünsche.

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, lobte die "offene und freimütige Diskussion". Die Synode habe gezeigt, dass die Kirche mit den Menschen im Gespräch bleiben müsse. Bis zur Bischofssynode 2015 sollten Wege entwickelt werden, die die Kirchenlehre mit der Situation der Menschen zusammenbringen.

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend hatte zuvor erklärt, "die als kleinteilige Einmischung ins Privatleben empfundenen Verbote in Bezug auf Beziehung und Partnerschaft" spielten bei den meisten Katholiken keine Rolle mehr und würden "als Widerspruch zum christlichen Glauben verstanden".

Autor: Vatikanstadt (AFP)

http://www.wochenblatt.de/nachrichten/welt/Vatikan-Synode-ohne-Einigung-zu-Schwulen-und-Scheidung;art29,269803

Zuletzt geändert am 25­.10.2014