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Veröffentlicht am 06­.02.2015

6.2.2015 - Süddeutsche Zeitung

Die Kirche will’s wissen

Katholiken sollen sich zum Familienbild des Vatikan äußern

Katholiken im Erzbistum München und Freising dürfen erneut mitreden: Seit diesem Donnerstag haben sie bereits zum zweiten Mal Gelegenheit, an einer Umfrage des Vatikan teilzunehmen und ihre Meinung zum Familienbild der Kirche und zu deren Umgang zum Beispiel mit wiederverheirateten Geschiedenen und homosexuellen Partnerschaften einzubringen. Der Fragebogen ist ungekürzt und im Original-Wortlaut auf der Homepage der Erzdiözese (www.erzbistum-muenchen.de/umfrage) abrufbar und kann bis Sonntag, 1. März, ausgefüllt werden. In der kommenden Woche soll er zudem der Münchner Kirchenzeitung beiliegen, um auch diejenigen Gläubigen zu erreichen, die sich im Internet nicht wohlfühlen.

Der Fragebogen umfasst 46 zum Teil sperrig formulierte Fragen und widmet sich ausführlich Themen wie der Unauflöslichkeit der Ehe, der Empfängnisverhütung und den „verwundeten Familien“, wie die Kirche Geschiedene, Alleinerziehende und getrennt Lebende bezeichnet. Nicht alle Fragen sind von einfachen Kirchenmitgliedern ohne Weiteres zu beantworten, etwa wenn gefragt wird, wie die „Dimension der Familie in der Ausbildung der Priester und der anderen in der Pastoral Tätigen behandelt“ wird (Frage 23). Die Gläubigen sollten sich davon aber nicht abschrecken lassen, heißt es aus dem Erzbistum: Mehrere Fragen seien eben an kirchliche Ämter gerichtet. Es müsse nicht jeder alle Fragen beantworten.

Mit dem Fragebogen will die Kirche einzelne Mitglieder, aber auch kirchliche Institutionen sowie katholische Initiativen und Vereine an den Vorbereitungen zur nächsten Familiensynode in Rom beteiligen. Das jüngste Treffen der Bischofssynode im Oktober 2014 war noch ohne greifbare Ergebnisse zu Ende gegangen. Die neuen 46 Fragen bauen auf diesen Verhandlungen auf; die Antworten will das Erzbistum auswerten und die Ergebnisse an die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) schicken. Von dort gehen sie am 15. April gebündelt nach Rom, wo von 4. bis 25. Oktober die Bischofssynode zusammentreten wird, um erneut über das Familienbild zu beraten.

Reformer wie die Initiative „Wir sind Kirche“ hatten zuletzt kritisiert, die Zeit für eine echte Beteiligung der Kirchenbasis sei knapp. Tatsächlich liegt der Fragebogen den Bischofskonferenzen bereits seit dem 9. Dezember vor; bis die DBK erklärte, dass die Fragen online veröffentlicht werden sollten, dauerte es bis zum 27. Januar. Nun bleiben den Gläubigen im Erzbistum noch etwas mehr als drei Wochen, um Antworten zu formulieren. Damit freilich haben sie immer noch mehr Zeit als im Dezember 2013: Da stand der Vatikan-Fragebogen für die erste Familiensynode nur eine Woche lang auf der Homepage des Erzbistums. Damals hatten sich an der Umfrage 834 Menschen beteiligt.

JAKOB WETZEL

Zuletzt geändert am 25­.02.2015