29.3.2015 - RTF.1
"Es braucht eine neue Theologie der Laien"
29.03.2015. Mit den defizitären Strukturen der Mitwirkung von sogenannten "Laien" in der römisch-katholischen Kirche befasste sich die 36. Bundesversammlung der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche vom 27. bis 29. März 2015 in Freiburg. In seinem prägnanten Vortrag zeigte der Freiburger Kirchenrechtler Prof. Dr. Georg Bier die nach dem bestehenden Kirchenrecht äußerst geringen Mitwirkungsmöglichkeiten der sogenannten "Laien" bei wichtigen Entscheidungen auf und dies gelte nicht nur in theologischen, sondern z.B. auch in finanziellen Fragen.
Auch die verschiedenen Räte seien im Wesentlichen nur Beratungsgremien und darauf angewiesen, dass die klerikalen Entscheidungsträger um Rat fragen und auch bereit wären, diesen anzunehmen. Die kirchenrechtlichen Verfestigungen besonders seit dem 1. Vatikanischen Konzil (1870/71) hätten zu einer Unbeweglichkeit geführt, die jetzt nur schwer aufzulösen sei. Verantwortlich dafür sei jedoch nicht das Kirchenrecht, sondern das dem Kirchenrecht zugrunde liegende dogmatische Kirchenverständnis. Hier wäre also der Hebel für Veränderungen anzusetzen, so das Fazit der katholischen Reformbewegung.
Das Referat „Partner oder Helfer? Strukturen der Mitwirkung in der römisch-katholischen Kirche" von Prof. Bier wird demnächst in der „Gelben Reihe" von Wir sind Kirche erscheinen.
Die Bundesversammlung würdigte die vielfachen Reformimpulse von Papst Franziskus in den bisherigen zwei Jahren nach dem Pontifikatswechsel. Dies zeige sich beispielhaft mit dem von ihm eingeleiteten Synodalen Prozess der beiden aufeinanderfolgenden Familien-Synoden in Rom, der viele Hoffnungen auf Erneuerung geweckt habe.
Stellungnahme zu Lineamenta und Fragenkatalog der Familien-Synode 2015
Zu dem von den deutschen Bischöfen allerdings erst sehr spät vorgelegten und schwierig zu beantwortenden zweiten Fragenkatalog für die Synode 2015 verabschiedete die Bundesversammlung einstimmig eine umfangreiche Stellungnahme (www.wir-sind-kirche.de/files/2317_20150329_Stellungnahme.pdf). Statt sich zu intensiv mit dem diesem sperrigen Fragenkatalog zu beschäftigen, sollten die deutschen Bischöfe lieber auf die Beschlüsse der Würzburger Synode (1971-1975) sowie der darauf folgenden Diözesansynoden und diözesanen Konsultationsprozesse verweisen, die bereits wegweisende Beschlüsse für die Pastoral geschiedener Wiederverheirateter und andere nach wie vor drängende Fragen gefasst hätten.
Die in den vergangenen Jahrzehnten von Fachtheologinnen und -theologen sowie von einzelnen Ordinariaten erarbeiteten konkreten pastoralen Lösungsvorschläge sollten zusammengefasst werden. Bischof Dr. Franz-Josef Bode, Bischof Dr. Heiner Koch und Kardinal Dr. Reinhard Marx, die die Kirche in Deutschland bei der kommenden Synode vertreten, sollten außerdem Fachtheologinnen und -theologen mit nach Rom nehmen und sich dafür stark machen, dass – wie bei der Synode 2014 – von den Bischofskonferenzen selbst bestimmte Expertinnen und Experten auch innerhalb der Synodenaula mitwirken können.
Über die von Rom sehr kurz gesetzten Fristen hinaus sieht Wir sind Kirche die Notwendigkeit,jetzt in Deutschland einen die Synode in Rom begleitetenden Synodalen Prozess zu eröffnen, den seit 2010 laufenden bischöflichen Gesprächsprozess zu verbindlichen Ergebnissen zu führen und eine Synode in Deutschland vorzubereiten („Bündnis für eine Synode"). Dies alles wären wertvolle Beiträge, damit die theologisch neuen Erkenntnisse wahrgenommen und diskutiert werden können und damit neben der Pastoral auch die Lehre der Kirche weiterentwickelt werden kann. Das bisher noch große Interesse des Kirchenvolkes an der Familien-Synode ist eine Chance, die nicht verspielt werden darf.
Am Samstagmorgen überbrachten der Freiburger Generalvikar Dr. Axel Mehlmann und der stellvertretende Diözesanratsvorsitzende Hermann Schwörer die Grüße des Erzbistums.
Am Freitagabend hatte die Bundesversammlung im Freiburger Caritashaus mit fast 100 Teilnehmenden aus ganz Deutschland mit einem offenen Gesprächsabend mit dem Jesuiten P. Klaus Mertes, Kollegienleiter in St. Blasien, begonnen, der sich für eine„Ökumene der Märtyrer"(www.katholisch.de/de/katholisch/themen/geschichte/140720_oekumene_der_maertyrer.php) einsetzt.
Den Antrag der zu Wir sind Kirche gehörenden „Aktion Lila Stola" und ähnliche Initiativen der katholischen Verbände aufgreifend fordert die Bundesversammlung die Deutsche Bischofskonferenz auf, die jahrzehntelangen Bemühungen um den sakramentalen Diakonat der Frau ernst zu nehmen und sich nachdrücklich beim Apostolischen Stuhl für eine Änderung der Ämterstruktur einzusetzen.
Am Sonntag ging die Bundesversammlung mit einer Stadtführung und einem Gottesdienst vor dem Freiburger Münster anlässlich des Weltgebetstages für Frauenordination zu Ende.
Die nächste öffentliche Bundesversammlung vom 23. bis 25. Oktober 2015 in Hofheim bei Frankfurt steht unter dem Thema „50 Jahres Zweites Vatikanisches Konzil - 40 Jahre Würzburger Synode - 20 Jahre Wir sind Kirche". Hauptreferentin wird Karin Kortmann, Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sein.
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Zuletzt geändert am 03.04.2015