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Veröffentlicht am 08­.09.2015

8.9.2015 - Handelsblatt

Ungarischer Bischof wettert gegen den Papst: „Das sind keine Flüchtlinge, das ist eine Invasion“

Ungarns Premier Orban ist für seine markigen Sprüche bekannt. Auch in der Flüchtlingskrise nimmt er kein Blatt vor den Mund. Rückendeckung erhält er nun von einem Bischof, der ebenfalls scharf gegen Migranten wettert.

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Mit seiner Haltung liegt Kiss-Rigo auf einer Linie mit Ungarns Ministerpräsident Orban. „Ich stimme voll mit ihm überein“, sagte der 60 Jahre alte Kiss-Rigo. Der Papst hingegen „kenne die Situation nicht“, fügte der Bischof hinzu.

Die Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Griese, reagierte empört und forderte Papst Franziskus zum Handeln auf. „Ich erwarte von Papst Franziskus, dass er seiner Linie treu bleibt und die Äußerungen des ungarischen Bischofs scharf zurückweist“, sagte Griese dem Handelsblatt. „Was Bischof Kiss-Rigó gesagt hat, ist unwahr, unerträglich und kaltherzig. Da fliehen Menschen vor Krieg und Not zu uns nach Europa, die sich unserer christlichen Nächstenliebe gewiss sein müssen.“

Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ reagierte ebenfalls mit scharfer Kritik auf die Äußerungen des Bischofs. „Angesichts des Ansturms von Menschen auf der Flucht, der viele Probleme mit sich bringt, die auch benannt werden müssen, bleibt dieser Bischof dabei zynisch stehen“, sagte Sigrid Grabmeier vom Bundesteam des Vereins dem Handelsblatt. „Erhofft er sich dafür von der Staatsführung Anerkennung und Unterstützung?“

Grabmeier sagte weiter, an der römisch-katholischen Kirche sei das Zweite Vatikanische Konzil und seine Öffnung hin zu anderen Religionen sowie die starke Akzentuierung der sozialen Verantwortung in der Welt von heute wohl während des Eisernen Vorhangs „nahezu spurlos vorüber gegangen“. „Es lebt die Vorstellung auf von einer Symbiose von „Thron und Altar“, einer Machtstellung der Kirche durch die Nähe zu den Herrschenden“, so Grabmeier.

Die Deutsche Bischofskonferenz lehnte eine direkte Stellungnahme zu den Äußerungen ab. „Wir kommentieren Bischöfe anderer Bischofskonferenzen nicht", sagte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, dem Handelsblatt. "Für uns gilt: Wir helfen, wenn Menschen in Not sind, ganz gleich welcher Hautfarbe sie sind oder welche Konfession sie haben.“

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, plädierte dafür, kirchliche Räume für Flüchtlinge bereitzustellen. „Wir wollen als Kirche unseren Beitrag dazu leisten“, sagte der Münchner Erzbischof am Dienstag vor Journalisten in Berlin. Dies habe er in einem Schreiben an die Gemeinden seines Bistums zum Ausdruck gebracht. Allerdings geschehe dies auch bereits.

Generell mahnte der Kardinal einen menschlichen Umgang mit den Flüchtlingen in Europa an: „Es muss alles getan werden, dass an europäischen Grenzen niemand verdurstet oder erstickt.“ Marx begrüßte die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), in Ungarn festsitzende Flüchtlinge nach Deutschland einreisen zu lassen als „ein Signal“. Die Kirche sei offen für Einwanderung, die allerdings „geregelt werden“ müsse. „Was aber möglich ist, sollte man tun.“

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Zuletzt geändert am 11­.09.2015