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Veröffentlicht am 10­.09.2016

10.9.2016 - Neues Ruhr-Wort

Dialogprozess: „Wir sind Kirche“ fordert Konsequenzen und neue Synode

„Große Enttäuschung“

München. Ein Jahr nach dem Ende des fünfjährigen Dialog- beziehungsweise Gesprächsprozesses „muss mit großer Enttäuschung festgestellt werden, dass es noch immer keine konkreten Vorstellungen und keinen Zeitplan gibt, wie dieser Prozess partizipativ gestaltet, verbindlich fortgeführt und weiterentwickelt werden kann, so wie es die Bischöfe einmal zugesagt hatten“, kritisiert die KirchenVolks- Bewegung „Wir sind Kirche“ in einer Stellungnahme:

„Die Befürchtungen, der von den Bischöfen gesteuerte Gesprächsprozess sei nur ein ,Sandkastenspiel‘ und die ,Illusion eines Neubeginns‘ gewesen, haben sich in Vielem bestätigt. Eine verantwortliche Mitwirkung des Kirchenvolkes wird von einem Großteil der Kirchenleitung immer noch nicht gefördert. Deshalb unterstützt die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche die Forderungen, eine deutsche Synode nach dem Vorbild der ,Würzburger Synode‘ (1971-1975) einzuberufen, bei der alle Teilnehmenden gleiches Stimmrecht und Entscheidungsbefugnisse hatten.“

Wenn es kirchenrechtlich derzeit nicht möglich sei, eine Synode nach diesem Vorbild durchzuführen, so sollten die Bischöfe sich zumindest zu anderen Formen der Synodalität, das heißt der gemeinsamen verantwortlichen Gestaltung kirchlichen Lebens zusammen mit dem Kirchenvolk, bekennen. „Damit die von Papst Franziskus propagierte Synodalität auf allen Ebenen auch praktiziert werden kann, ist allerdings eine Korrektur des Kirchenrechts erforderlich, für die die Bischöfe sich in Rom einsetzen müssen“, schreibt „Wir sind Kirche“.

Die erste Reflexionstagung zum Dialogprozess in der Katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ habe jedoch gezeigt, „wie weit die Kirche in Deutschland immer noch von der Vorgabe von Papst Franziskus ,Kirche und Synode sind Synonyme‘ entfernt sei. „Nur zwei Bischöfe nahmen an dieser ersten Reflexionstagung teil: der Essener Ortsbischof Dr. Franz-Josef Overbeck, der auch der Steuerungsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) angehörte, sowie Bischof Dr. Gebhard Fürst, Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Das Thema steht auch nicht auf der veröffentlichten Tagesordnung der Herbstvollversammlung der DBK in Fulda“, kritisiert „Wir sind Kirche“.

„Dialogverweigerung“

Die Tagung habe auch deutlich gemacht, wie schlecht es um die grundsätzliche Zusammenarbeit zwischen DBK und ZdK in der „Gemeinsamen Konferenz“ bestellt sei, die nach der Würzburger Synode 1975 eingerichtet wurde, „aber von vielen Bischöfen einfach ignoriert wird“. Bereits 2007/2008 habe die „Gemeinsame Konferenz“ die Idee eines bundesweiten „Zukunftsforums“ entwickelt, die dann jedoch am Veto der Bischofskonferenz gescheitert sei. „Bei vielen Bischöfen scheint die Anfang der 1990er-Jahre – also noch vor dem Kirchenvolksbegehren 1995 – vom ZdK konstatierte Dialogverweigerung fortzubestehen“, heißt es in der Stellungnahme. Die von den Akteuren „immer wieder betonte, neu entstandene Gesprächskultur nach dem massiven Glaubwürdigkeitsverlust im Jahr 2010 ist ein zu mageres Ergebnis für den bisherigen zeit- und geldaufwändigen Prozess, wie die weiterhin sehr hohen Kirchenaustrittszahlen zeigen“, so die Kritik weiter.

„So wichtig die Gottesfrage und die Beschäftigung mit den tieferen Ursachen der gegenwärtigen Glaubens- und Kirchenkrise ist: Die immer wieder als Reizthemen diskreditierten Themen wie Frauenbeteiligung, Pflicht-Zölibat und Sexuallehre dürfen nicht gegen die Gottesfrage ausgespielt werden“, schreibt „Wir sind Kirche“. „Denn die Zurücksetzung von Frauen in der römisch-katholischen Kirche hat viel mit einem patriarchalen, autoritären Gottesbild zu tun, das sich nicht von der Botschaft des Neuen Testaments ableiten lässt. Und die wegen des Priestermangels vorgenommenen Pfarreischließungen und -zusammenlegungen sind mitverantwortlich für die Entfremdung vieler von Glauben und Kirche.“

Es gebe genügend Männer und Frauen, die zur Gemeindeleitung fähig seien, „man dürfte diese Befähigung nur nicht allein einem zölibatären Mann zusprechen“, so die KirchenVolksBewegung. Und weiter: „Die Sexuallehre der Kirche bedarf einer grundlegenden Reform, die die Botschaft vom liebenden und barmherzigen Gott ernst nimmt.“ Info: www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 19­.09.2016