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Veröffentlicht am 13­.03.2017

13.3.2017 - Würzburger katholisches Sonntagsblatt

Gemeinde gestalten

Die „KirchenVolksKonferenz“ suchte pastorale Rezepte für die Zukunft

Wie bringt man Lebensnähe in den Gottesdienst? Wie entstehen attraktive Gemeinden? Wer füllt pastorale Lücken der Zukunft? Diese Fragen standen über der Kirchen- VolksKonferenz im Würzburger Burkardushaus. Erstmals hatte die Bewegung „Wir sind Kirche“ andere Reformgruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ins Boot geholt, um bei einer gemeinsamen Tagung Zukunftsrezepte zu erörtern.

Reformgruppen wie „Wir sind Kirche“ sind bekannt für ihre Kritik an der kirchlichen Hierarchie, der Zölibatspflicht und dem Männerpriestertum. Dennoch widmete Bischof Friedhelm den Konferenzteilnehmern ein ermutigendes Grußwort, aus dem „Wir sind Kirche“-Vorstands - mitglied Magnus Lux zum Auftakt vorlas. Der Bischof forderte dazu auf, „mit Geist und Leben zu erfüllen“, was die Würzburger Synode von 1971 bis 1975 beraten und beschlossen hatte.
Lux selbst eröffnete die Tagung, indem er den deutschen Bischöfen vorhielt: „Sie fahren die Kirche sehenden Auges an die Wand.“ Die Aussage bezog sich insbesondere auf das Festhalten am Zölibat. Bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hatte Kardinal Reinhard Marx von 2000 Jahren zölibatärer Lebensweise gesprochen (siehe Seite 8). Lux widersprach dem energisch. Kirchenhistorisch habe es über einen längeren Zeitraum verheiratete Priester gegeben als unverheiratete, korrigierte er den Kardinal.

„GIBT ES JEMANDEN …?“

Überhaupt erwies sich der Zölibat als ein Schwerpunktthema der Konferenz. Vor den über 80 Teilnehmenden sagte Dr. Edgar Büttner, ein aus dem Bistum Würzburg stammender verheirateter Priester, dass man auch Personen wie ihn bei Pasto ralplanungen berücksichtigen könnte. „Gibt es überhaupt noch jemanden, der Bischöfen so etwas sagen kann?“, fragte er zweifelnd in die Runde. Monika Albert, Referentin für Gemeindeentwicklung und pastorale Konzeption im Bistum Würzburg, referierte über das Projekt „Der Kirche ein Gesicht geben – Ergänzende Formen von Gemeindeleitung“. „Dass unser Bischof vor zwei Jahren dieses Projekt ermöglicht hat, war für uns ein großes Signal“, sagte sie. In drei Modell-Pfarreiengemeinschaften werde derzeit erprobt, wie Gemeindeteams aus Priestern und Laien gemeinsam Aufgaben übernehmen können. „Wenn Ehrenamtliche in die Gemeindeleitung gehen, brauchen sie Sicherheit, nicht Beliebigkeit“, erläuterte sie. Daher müsse es klare Aufgabenprofile geben. Auch Rollenun - sicherheiten müssten abgebaut werden. Manche Ehrenamtliche befürchteten, Hauptamtliche zu verdrängen, und mancher Priester müsse sich erst an ein Leitungsteam gewöhnen, berichtete Albert.

FEIER UND LEBEN

Eine theologische Zusammenfassung der aktuellen Pastoralplanungen in Deutschland bot Dr. Dorothea Sattler, Professorin für Ökumenische Theologie und Dogmatik an der Universität Münster. Vielen Menschen erschließe sich heute der Zusammenhang zwischen Eucharistiefeier und Leben nicht mehr, stellte sie fest. Daher brauche es mehr Lebensnähe in der eucharistischen Feier, eine höhere Wertschätzung der Wortliturgie sowie weitere niedrigschwellige und auf Kommunikation angelegte Angebote in Gemeinden.
Sattler schloss sich dem Ruf nach Reformen an, etwa der Zulassung von Frauen zum Priesteramt. Daneben benannte sie als „Grundleiden“ der Kirche, dass viele Menschen keine Verbindung mehr erkennen zwischen dem christlichen Glauben und existenziellen Erfahrungen wie Schuld, Ohnmacht, Unversöhntheit oder Endlichkeit. Sie empfahl, gerade an ausgewählten Orten wie Kliniken oder Urlaubszentren zu versuchen, Menschen mit ihren Lebensfragen zu erreichen.
Ulrich Bausewein

Bildunterschriften:
Die KirchenVolksKonferenz bot Stoff für angeregte Diskussionen (von links): Birgit Kälberer von der Reformgruppe „Pro concilio“, Theologin und Frauenaktivistin Dr. Ida Raming, Sigrid Grabmeier von „Wir sind Kirche“, Claus Schreiner vom „Münnerstädter Kreis“ und Monika Albert, Referentin für Gemeindeentwicklung und pastorale Konzeption im Bistum Würzburg.

Ein „Weiter so“ gibt es in der Kirche in Deutschland nicht mehr. Sinkende Priesterzahlen bringen alte Gewohnheiten des kirchlichen Lebens ins Wanken (im Bild der Aachener Dom).


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Zuletzt geändert am 23­.03.2017