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Veröffentlicht am 26­.03.2017

27.3.2017 - Straubinger Tagblatt

«Wir sind Kirche» begrüßt Reformprojekt von Kardinal Marx

Die einzelnen Pfarrgemeinden sollen im Münchner Erzbistum gestärkt werden: Ein Pilotprojekt sieht vor, dass sich der Pfarrer künftig die Leitung mit Haupt- und Ehrenamtlichen teilen darf. Die Reformbewegung «Wir sind Kirche» begrüßt das, hält das Projekt aber für zu zaghaft.

München (dpa/lby) - Im Erzbistum München und Freising muss künftig an der Spitze einer Pfarrei nicht immer ein Pfarrer stehen. Ein vom Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx angestoßenes Pilotprojekt sieht vor, dass der Priester sich die Leitung mit Haupt- und Ehrenamtlichen teilen darf. Die katholische Reformbewegung «Wir sind Kirche» wertet das als einen Schritt in die richtige Richtung, übt aber auch Kritik. Ihr reicht das Reformtempo nicht aus. «Das geht zu langsam, das sind ja erst nur drei Pilotprojekte», sagte «Wir sind Kirche»-Sprecher Christian Weisner.

Wegen des Priestermangels sei die Not in vielen Kirchengemeinden schon jetzt sehr groß, deshalb sei ein beherzteres Vorgehen nötig. Er hoffe, dass bei den weiteren Schritten auch Ideen von unten, aus den Gemeinden aufgenommen würden und nicht alles von oben vorgegeben werde, sagte Weisner der Deutschen Presse-Agentur in München. Die Haltung von «Wir sind Kirche» wird nach seinen Worten auch von den beiden Münchner Reformgruppen «Münchner Kreis» und «Gemeindeinitiative» unterstützt.

Marx hatte sein Pilotprojekt vor wenigen Tagen vorgestellt. Kurz nach seinem Amtsantritt in München im Jahr 2008 hatte er noch gefordert, dass jede Pfarrei von einem Priester geleitet werden müsse. Weil es nicht genug Geistliche für alle Pfarreien gab, wurden deshalb viele Gemeinden zu großen Pfarrverbänden zusammengelegt. Nun ist Marx nach eigenen Worten zu der Erkenntnis gelangt, dass die Einheiten nicht immer größer werden könnten, um sie an die Zahl der Priester anzupassen. Eine Kirche müsse noch vor Ort verwurzelt sein. Die Pfarrei, in der ein Pfarrer alleine eine Gemeinde leite, sei deshalb ein Auslaufmodell.

Wenn das Gemeindeleben vor Ort nachhaltig gestärkt werden solle, werde man auch um eine Änderung des Kirchenrechts nicht herumkommen, sagte Weisner. «Die Kirchengemeinde vor Ort ist das Zentrale, da spielt sich Kirche ab.» Und da müssten Gottesdienste auch mit Eucharistie ermöglicht werden, gegebenenfalls auch durch Pastoral- und Gemeindereferenten und -referentinnen oder durch geeignete Männer und Frauen aus der Gemeinde.

Immerhin sei es mit eine der obersten Aufgaben der Bischöfe, den Zugang zu den Sakramenten sicherzustellen - und das möglichst in der Gemeinde vor Ort. Man müsse von den Großgemeinden und Pfarrverbänden schnell wieder wegkommen: «Die Zusammenlegung von Gemeinden ist eine Entheimatung - sie macht die Gläubigen vor Ort heimatlos.»

Nach Ansicht von Weisner wäre es auch ein wichtiger Schritt zur Stärkung der einzelnen Pfarrgemeinden, wenn sich die katholischen Bischöfe in Deutschland für das Frauendiakonat einsetzen würden, so wie sie es vor 40 Jahren schon einmal getan hätten. Das sei für die Wertschätzung und Gleichberechtigung der Frauen in den Gemeinden ohnehin ein überfälliger Reformschritt.

Zuletzt geändert am 29­.03.2017