8.4.2017 - Neue Westfälische
Pax Christi Paderborn verärgert über deutsche Bischöfe
Paderborn. „Der Friede sei mit euch", so erklingt es tagtäglich in jeder katholischen Messe. Jedoch herrscht zumindest in Teilen der Kirche gerade ziemlicher Unfrieden. Denn die deutschen Bischöfe planen, der Friedensbewegung Pax Christi ab 2018 ihren jährlichen Zuschuss zu streichen. Die 60.000 Euro muten zwar vergleichsweise niedrig an, bilden aber ein Fünftel des Haushaltes der Bundesorganisation. Pax Christi sieht deshalb seine Arbeit stark gefährdet. Auch im Erzbistum Paderborn regt sich Widerspruch.
„Fassungslos und sauer", seien er und seine Vorstandskollegen gewesen, als sie im Januar von der Streichung durch den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) erfahren hätten, sagt Peter Witte, Vorsitzender des Paderborner Diözesanverbandes von Pax Christi. Der künftig fehlende Zuschuss sei ein „erheblicher Teil" des Gesamtbudgets. Witte ist zwar sicher, „dass wir das überleben". Zugleich befürchtet er aber, dass die einzige hauptamtliche Stelle, die der Generalsekretärin Christine Hoffmann, gestrichen werden muss. Dadurch wäre auch der Paderborner Verband mit seinen rund 180 Mitgliedern zumindest indirekt betroffen, weil die Geschäftsstelle inhaltliche Impulse setze und Pax Christi vernetze.
Witte betont allerdings, dass es bei dem Streit nicht so sehr ums Geld gehe, sondern um die Wertschätzung: „Welchen Stellenwert hat unsere Arbeit für die Bischofskonferenz?", fragt Witte. Er sieht einen eklatanten Widerspruch. „Das ist nicht das, was man von der Kirche erwartet", fasst Witte zusammen. "Glaube ohne Glaubwürdigkeit"
Manfred Dümmer, Sprecher der Reformbewegung „Wir sind Kirche" im Erzbistum Paderborn, sagt, angesichts steigender Kirchensteuereinnahmen (6 Milliarden im Jahr 2015) sei die Entscheidung „unverständlich". Friedensarbeit, wie Pax Christi sie leite, sei „wichtiger denn je" und der Kern der christlichen Botschaft. Auch er hebt den Widerspruch zwischen Verkündigung und Praxis hervor. Dümmer spricht von „Glaube ohne Glaubwürdigkeit".
Peter Witte hat einen Brief an den Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker und Generalvikar Alfons Hardt geschrieben, in dem er darum bittet, sich für Pax Christi einzusetzen. Hardt ist seit zwei Jahren Stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates des VDD sowie Vorsitzender der Rechtskommission. Der Haushaltkommission, die die Kürzungen beschlossen hat, gehörte er jedoch nicht an.
Keine Antwort vom Erzbischof
Im Generalvikariat sei so ein Brief nicht registriert, heißt es dort. Beantwortet worden wäre er wohl ohnehin nicht. Zwar hat es „verschiedene Hinweise und Beschwerden per E-Mail gegeben", wie Pressesprecher Ägidius Engel mitteilt. Allerdings seien diese nicht beantwortet worden, weil die Zuständigkeit beim VDD liege. „Die Arbeit von Pax Christi wird im Erzbistum geschätzt und deutlich wahrgenommen", sagt Engel. Es liefen auch kleinere Unterstützungen für Vorträge.
Auch das Diözesankommittee sieht die zunehmende Streichung oder gar Reduzierung der Finanzierung der überdiözesanen Aufgaben mit großer Sorge. Auf ihrer Vollversammlung erklärte die Vertretung der katholischen Laien, sie bitte „die Deutsche Bischofskonferenz und die verantwortlichen Mitglieder des VDD, die geplante Streichung der finanziellen Unterstützung für die Pax Christi Bewegung zurückzunehmen".
Der drohende Wegfall des Zuschusses war auch Thema bei der Bistumsversammlung des Paderborner Diözesanverbandes von Pax Christi. Sie verabschiedete in Dortmund eine Stellungnahme mit dem Appell an die verantwortlichen Entscheidungsträger, „weiterhin die professionelle Arbeit der Bundesstelle finanziell abzusichern“. Diese sei für die Arbeit in den Diözesen und Regionalgruppen unverzichtbar. Die Veranstaltung stand unter dem treffenden, bereits vorher festgelegten Motto: „Dialog zum Friedensgebot“.
http://www.nw.de/lokal/kreis_paderborn/paderborn/paderborn/21744216_Pax-Christi-Paderborn-veraergert-ueber-deutsche-Bischoefe.html
KOMMENTAR: Scheinheilig
Birger Berbüsse
Fangen wir doch einfach mit den Nullen an: Die deutschen Bischöfe wollen sparen. Deshalb streichen sie der Friedensbewegung60.000 Euro. Der Haushalt des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) soll auf 120.000.000 Euro begrenzt werden. Die Kirchensteuereinnahmen beliefen sich zuletzt auf 6.000.000.000 Euro. Man muss kein Mathe-Genie sein, um der Pax-Christi- Generalsekretärin zuzustimmen, die in einem Interview sagte:„Dasmüssteder VDD aus der Portokasse zahlen können.“ Christine Hoffmann bezweifelt, dass der Betrag eine wesentliche Einsparung darstelle.
Für die Friedensbewegung hingegen ist die Summe zwar nicht tödlich, macht aber ihre wichtige Arbeit deutlich schwieriger. Was den Ehrenamtlichen jedoch besonders weh tut, ist die offensichtliche Geringschätzung ihrer Arbeit, die in der rein geschäftlich getroffenen Entscheidung mitschwingt: Die deutschen Bischöfe, so scheint es, haben für die Friedensarbeit nicht mehr viel übrig. Und das in einem Jahr, in dem der nächste Katholikentag unter dem Motto „Suche Frieden“ vorbereitet wird, und in einer Zeit, in der täglich gewalttätige Konflikteausbrechen, eskalierenoder gar kein Ende mehr finden wie etwa Syrien. Der amtierende Papst lobt die Friedensarbeit, die Bischöfe predigen für den Frieden, die Basis aber leistet die eigentliche Arbeit mit Kampagnen und Aufklärungsarbeit. Wenn dafür kein Geld mehr übrig ist, was bleibt dann noch? Glaube ohne Glaubwürdigkeit nennt das Manfred Dümmer von der Reformbewegung „Wir sind Kirche“. Auch „scheinheilig“ kommt einem da in den Sinn. Die katholische Kirche nimmt für sich immer gerne gesellschaftspolitische Relevanz in Anspruch. Diese droht sie nicht zuletzt durch solche Entscheidungen immer weiter zu verlieren.
Zumal den Gottesmännern ein durchaus unchristlicher Stil vorzuwerfen ist: Dem Vernehmen nach wurde die Streichliste von einem reinen Wirtschaftsprüfungsunternehmen erstellt und danneinfach abgenickt. Trotz regelmäßiger Nachfragen blieb die Bischofskonferenz Pax Christi eine Antwort schuldig und gibt auch der Presse keine Stellungnahme. Es scheint, als wäre ihnen die Geschichte ziemlich unangenehm.
Immerhin: Eine Chance zur Korrektur bleibt der Kirche ja, die Entscheidung muss noch von der Bischofskonferenz abgesegnet werden. Die Kürzung könnte also noch zurück genommen werden. Ob dann wieder Frieden herrscht, sei allerdingsmaldahingestellt. Denn der Vertrauensverlust auf Seite der Laien und Ehrenamtlichen ist schon jetzt immens. birger.berbuesse@ ihr-kommentar.de
Zuletzt geändert am 13.04.2017