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Veröffentlicht am 17­.03.2007

17.3.2007 - Südwestpresse

Benedikt XVI. ohne Mut

Papst Benedikt XVI. fasst mit "Sacramentum Caritatis" die Ergebnisse der Weltbischofssynode vom Herbst 2005 zusammen. Wer das Schreiben liest, könnte meinen, die 250 Bischöfe hätten damals die "heißen Eisen" Priestermangel und Zölibat nicht angepackt. Das ist nicht der Fall. Die Themen wurden sogar heftig und kontrovers diskutiert. Australische Bischöfe berichteten, dass die Hälfte aller Priester dieses Erdteils die Meinung vertritt, es würde mehr Priester geben, wenn die Zölibatsverpflichtung aufgehoben wäre. Ein Bischof aus Honduras wies darauf hin, dass in seinem Land auf einen Priester 16.000 Katholiken kämen. Auch Bischöfe aus Ecuador, den USA und von den Philippinen forderten ein Überdenken der Zölibatsverpflichtung. Doch Kardinal Scola, der die Aussprache leitete, wischte die Forderungen vom Tisch. Die Kirche sei kein Unternehmen, das mit rigorosen Maßnahmen bestimmen könne, wie viele Priester gebraucht werden.

Das alles findet im Schreiben des Papstes keine Erwähnung. Benedikt XVI. scheint auch vergessen (verdrängt?) zu haben, was er selbst in früheren Jahren einmal vertreten hat. 1970 schrieb er in seinem Buch "Glaube und Zukunft", die Kirche werde "gewiss neue Formen des Amtes kennen und bewährte Christen, die im Beruf stehen, zu Priestern weihen. In vielen kleineren Gemeinden ... wird die normale Seelsorge auf diese Weise erfüllt werden." Diese Ausführungen trug er auch im Rundfunk vor. Noch 1996 ist in seinem Buch "Salz der Erde" zu lesen, das Zölibat sei "kein Dogma". Das päpstliche Schreiben bringt auch keinen Hinweis auf neuere Überlegungen, wie sie Paul M. Zulehner veröffentlicht hat: Neben den akademisch ausgebildeten ehelosen Vollzeitpriestern sollte es eine neue Art des Priesteramtes geben, anders ausgebildet und gegebenenfalls auch verheiratet, das nicht solistisch, sondern im Team arbeitet. Es ist zu bedauern, dass im Dokument nur die alten Positionen wiederholt werden. Benedikt hätte es sich als angesehener Theologe erlauben können, über eine Zusammenfassung der Synodenergebnisse hinaus einige zukunftsträchtige Perspektiven wenigstens zur Diskussion zu stellen. Er hätte sogar kraft Amtes als "Pontifex Maximus" (größter Brückenbauer) den Minderheitsvoten folgen und eine Lockerung des Pflichtzölibats verfügen können. Er hat nicht den Mut dazu besessen. Die Gemeinden werden weiter ausbluten.

Dr. Norbert Scholl, war bis 1996 Professor für Katholische Theologie an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Zuletzt von ihm erschienen: Kein Platz für Gott?

Zuletzt geändert am 27­.03.2007