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Veröffentlicht am 05­.04.2018

5.4.2018 - KNA

Bischöfe streiten über Kommunion für konfessionsgemischte Paare

Neue Nagelprobe für das "System Franziskus"
Von Gottfried Bohl (KNA)
Bonn (KNA) Unter den katholischen Bischöfen in Deutschland gibt es offenbar heftige Meinungsver-schiedenheiten. Diese entzünden sich an der Frage, ob bei konfessionsgemischten Ehepaaren der evangelische Partner im Einzelfall im katholischen Gottesdienst mit zur Kommunion gehen darf - und ob dies eine Bischofskonferenz ohne Rom allein entscheiden kann.

Was sich für viele - Christen wie Nichtchristen - wie eine eher nebensächliche theologische Spitzfin-digkeit anhört, könnte zur neuen Nagelprobe werden für das "System Franziskus". Denn hinter dem Streit steht auch die Frage, wie groß der vom Papst wiederholt betonte Spielraum der einzelnen nati-onalen Bischofskonferenzen tatsächlich sein kann und darf.

Darum geht es: In einem ungewöhnlichen Schritt haben 7 der derzeit 25 amtierenden Ortsbischöfe unter Führung des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki und ohne vorherige Absprache mit dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, den Vatikan um Klärung gebeten, wo-rüber zuerst der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtete.

Aus ihrer Sicht ist ein kürzlich von der Bischofskonferenz mit Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedeter Beschluss unrechtmäßig, konfessionsverschiedene Ehepartner in Einzelfällen zur Kommunion zuzu-lassen. Die Bischofskonferenz habe damit möglicherweise ihre Kompetenz überschritten, da dies gegen die katholische Glaubenslehre und die Einheit der Kirche verstoße.

Das Erzbistum Köln erklärte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), die Unter-zeichner hätten den Präsidenten des Rates für die Einheit der Christen im Vatikan, Kardinal Kurt Koch, um die Klarstellung gebeten, "ob die Frage des Kommunionempfangs konfessionsverschiede-ner Ehepartner im Rahmen einer nationalen Bischofskonferenz entschieden werden kann, oder ob eine Entscheidung der Universalkirche notwendig ist". Ziel "in einer so zentralen Frage des Glaubens und der Einheit der Kirche" müsse es sein, "nationale Sonderwege zu vermeiden und in einem öku-menischen Gespräch zu einer weltweit einheitlichen und tragfähigen Lösung zu kommen".
In einem Schreiben an die Unterzeichner, das auch an alle anderen deutschen Bischöfe ging, äußer-te sich Kardinal Marx am Mittwoch verwundert darüber, dass sie "trotz der ausführlichen und auch kontroversen Aussprache in der Vollversammlung und des mit weit überwiegender Mehrheit der Mit-glieder der Bischofskonferenz gefassten Beschlusses" weiterhin so große Zweifel hätten. Zudem hätten sie einen Textentwurf kritisiert, der ja noch nach Änderungsvorschlägen der Bischöfe modifi-ziert werde.

Zur Frage, ob die Bischofskonferenz ihre Kompetenzen überschritten habe, betonte Marx, es sei "mehrfach und deutlich dargelegt", dass es selbstverständlich einer nationalen Bischofskonferenz und sogar einem Diözesanbischof möglich sei, "Kriterien zu formulieren, die die Kommunionspen-dung an nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche befindlichen Christen erlauben".

Zu den inhaltlichen Bedenken ergänzte Marx, die Unterzeichner gingen bei ihrer Kritik fälschlicher-weise davon aus, dass in der geplanten Handreichung schon "in der Konfessionsverschiedenheit der Ehe" als solcher eine "schwere geistliche Notlage" (gravis spiritualis necessitas) gesehen werde. Es werde aber lediglich "dargelegt, dass ein schwerwiegendes geistliches Bedürfnis" nach gemeinsamer Kommunion "aus dem gemeinsamen Eheleben in einer konfessionsverschiedenen Ehe im Einzelfall entstehen kann".

Zur Kommunion sind in der katholischen Kirche bisher nur Katholiken sowie Mitglieder der unierten orientalischen Kirchen zugelassen. Protestanten dürfen nur in Ausnahmefällen - etwa in bestimmten schweren Notlagen oder in Todesgefahr - die Eucharistie empfangen. Katholiken ist nach katholi-schem Kirchenrecht eine Teilnahme an protestantischen Abendmahlsfeiern ohnehin generell unter-sagt. Den dreiseitigen Brief haben neben Woelki der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sowie die Bischöfe Konrad Zdarsa (Augsburg), Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Wolfgang Ipolt (Görlitz), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Stefan Oster (Passau) unterzeichnet.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, kritisierte den Brief: "Mich wundert dieses Verhalten, das mir ziemlich unsolidarisch erscheint", schrieb er auf Twitter: "Kennen wir nicht alle evangelische Ehepartner, die das bejahen, was wir katholisch in der Eucharistiefeier bekennen? Ist das Problem nicht pastoral vor Ort längst gelöst?"

Die Initiative "Wir sind Kirche" erklärte, der Brief der sieben Bischöfe sei kein gutes Zeichen für den innerkirchlichen Dialog und die Ökumene. Es sei äußerst bedauerlich, dass sich eine Minderheit der Bischöfe so vehement gegen sichtbare Zeichen der Ökumene stemme. Weitere Reaktionen werden sicher folgen, die Diskussionen unter den deutschen Bischöfen dürften spannend bleiben. Und auch in anderen Ländern wird mit Argusaugen darauf geschaut, wie der Streit ausgehen wird - und vor allem, wie der Vatikan reagiert.

Zuletzt geändert am 05­.04.2018