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Veröffentlicht am 31­.08.2018

31.8.2018 - Wiesbadener Tageblatt

Zum Tod eines wahren Lehrers und Katholiken – Nachruf auf Werner „Mons“ Berg

DOTZHEIM - (hz). Werner Berg war eine Seele von Mensch – und ein Lehrer im besten Sinne. Einer, der seine Schüler respektierte und den die Schüler schätzten. Die beiderseitige Zuneigung hatte Bestand bis weit über das Abitur hinaus. Nicht wenige trafen sich über Jahrzehnte im Berg’schen Weinkeller oder auf dem Nürnberger Hof, um mit ihrem „Mons“, wie er von seinen „Lateinern“ natürlich genannt wurde, zu diskutieren.

 
Der Diskurs war ihm wichtig bis zum Schluss. Gerade mit seinen Schülern. Unter ihnen war der hessische Sozialminister Stefan Grüttner, der einstige Stadtrat Wolfgang Herber, an dessen Trauerfeier er teilnahm, und der Jazzmusiker und Zeichner Volker Kriegel, über dessen frühen Tod er genauso erschüttert war.
 
Berg lehrte von 1954 an 31 Jahre lang Latein, Philosophie und Alt-Griechisch an der Gutenbergschule. „In meinem Traumberuf habe ich junge Leute zu kritischem Denken angeregt“, sagte Berg vor fünf Jahren im Gespräch mit dieser Zeitung. Bei vielen mit Erfolg. Es ist ihm gelungen, weil er stets ein Vorlebender war.
 
Besonders kritisch ging er mit seiner katholischen Kirche um. Er hatte Priester werden wollen. Aber an der Uni hat er eine Kommilitonin kennen und lieben gelernt. Die beiden heirateten – und es war aus mit dem priesterlichen Leben, bevor es begann. „Der Heilige Geist“, so Berg, „ist der Kirche zu Hilfe gekommen.“ Er engagierte sich im Pfarrgemeinderat und in der Stadtversammlung der Katholiken.
 
Als sich bald nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil seine reformatorischen Erwartungen wie eine stärkere Beteiligung der Laiengremien nicht erfüllten, ging er auf Distanz zur Institution. Berg unterstützte die Bewegungen „Wir sind Kirche“ und „Kirche von unten“. Mit einem für den überzeugten Ökumeniker typischen Satz begründete er sein Engagement, das sich auch in Leserbriefen niederschlug: „Ich habe die Hoffnung, dass auch die letzte absolutistische Monarchie in Europa mit ihrem Unfehlbarkeitsanspruch die Einheit der Christen nicht vereiteln kann.“ Berg starb am Mittwoch 95-jährig in seinem Freudenberger Haus.
 

Zuletzt geändert am 31­.08.2018