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Veröffentlicht am 25­.09.2018

25.9.2018 - KNA

Katholische Verbände fordern grundlegende Änderungen in Kirche

Bonn (KNA) Vertreter katholischer Einrichtungen und Verbände haben strukturelle Reformen in der Kirche sowie ein verändertes Verständnis von Sexualität gefordert. Mit Blick auf die am Dienstag in Fulda veröffentlichte Missbrauchsstudie sprach sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) dafür aus, dass "die Kirche ihr Verständnis von Sexualität, insbesondere auch von Homosexualität, überdenken muss".
ZdK-Präsident Thomas Sternberg kritisierte ein überholtes Amts- und Kirchenverständnis, das Missbrauch begünstigt habe. Deshalb müssten "klerikale Führungs- und Leitungsstrukturen" aufgebrochen und synodale Elemente gestärkt werden. Auf allen Ebenen müssten gewählte Frauen und Männer mitentscheiden können. Die "männlich strukturierte Aus- und Fortbildung des Klerus" und die gesamte Leitungs- und Ämterstruktur der Kirche müssten weiblicher werden.

Konkret forderte der ZdK-Präsident die Schaffung einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit auf der Ebene der Bischofskonferenz. Zudem solle eine unabhängige Kommission eingerichtet werden, die die Fortschritte im Kampf gegen Missbrauch in den Diözesen regelmäßig prüft. Sternberg kritisierte einen Flickenteppich unterschiedlicher Präventionsstrategien in den 27 Bistümern.

Der Familienbund der Katholiken forderte eine verstärkte Präventionsarbeit für Familien und neue Ansätze in der Sexualmoral der Kirche. Nach Ansicht der Initiative "Wir sind Kirche" kann die Missbrauchsstudie nur ein erster Schritt sein. Wichtig sei eine Debatte über "grundlegende Korrekturen kirchlicher Lehre und Strukturen". Zudem müssten Staat und Kirche enger zusammenarbeiten als bisher bei der Prävention, der Strafverfolgung und bei den Hilfen für die Opfer.

Die Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP) lobte die aufklärerische Funktion von Medien. "Nur mit rückhaltloser Offenheit und Transparenz wird es der katholischen Kirche gelingen, sexualisierte Gewalt in ihren Reihen aufzuarbeiten und Vertrauen zurückzugewinnen", betonte der Vorsitzende Joachim Frank. "Die Bischöfe sind schlecht beraten, wenn sie auf ihre Deutungshoheit pochen und den Informationsfluss kontrollieren wollen."
Der Jesuit Klaus Mertes wandte sich gegen Angriffe auf Papst Franziskus. "Klerikale Hintermänner" oder der frühere US-Nuntius Carlo Maria Vigano inszenierten sich als Aufklärer und versuchten, den Papst "abzuschießen", obwohl sie selbst "Teil des Vertuschungssystems" seien, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Der Psychotherapeut und katholische Theologe Wunibald Müller forderte radikale Maßnahmen gegen Klerikalismus. "Die Kirche muss bekennen, dass sie keineswegs eine heilige, sondern sündige, schuldbeladene Kirche ist", schreibt der frühere Leiter des Münsterschwarzacher Recollectio-Hauses. "Der Papst sollte öffentlich darauf verzichten, weiterhin sich heiliger Vater nennen zu lassen."

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) forderte einen neuen Umgang mit Sexualität, ein Aufbrechen des Klerikalismus und eine strukturelle Absicherung der bestehenden Präventionsarbeit. Der BDKJ-Bundesvorsitzende Thomas Andonie erklärte, notwendig sei eine andere Verteilung von Macht in der Kirche; Laien müssten mehr Einfluss bekommen. Zwingend notwendig sei auch ein anderer Umgang mit Sexualität. "Sexualität ist Teil unseres Lebens. Wir müssen alle lernen, wertschätzend mit ihr umzugehen und unsere eigenen Grenzen und die unseres Gegenübers zu kennen."

Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) erklärte, Gebete, Bekundungen von Scham und Entschuldigungen seien ein erster Schritt, reichten aber bei weitem nicht aus. "Wir erwarten von der Kirche, dass künftig jedem Hinweis auf Missbrauch nachgegangen und nachgewiesener Missbrauch durch kirchliche und staatliche Institutionen strafrechtlich verfolgt wird", erklärte die KDFB-Präsidentin Maria Flachsbarth. "Dabei muss auch überprüft werden, welche Rolle die Priesterausbildung, der Zölibat, die Haltung der Kirche zur Sexualität und das in vielen Teilen des Klerus immer noch gestörte Verhältnis zu Frauen spielen."

Zuletzt geändert am 25­.09.2018