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Veröffentlicht am 08­.10.2018

8.10.2018 - ORF.at

Rektor verlor Posten wegen Sicht auf Homosexualität

In Deutschland hat der Rektor einer katholischen Hochschule wegen positiver Aussagen zur Homosexualität seinen Posten verloren. Er wurde im Februar zwar wiedergewählt, der Vatikan gibt aber bisher seine Zustimmung nicht.

Die Bildungskongregation im Vatikan verweigere dem Jesuitenpater Ansgar Wucherpfennig die Bestätigung als wiedergewählter Rektor und verlange einen öffentlichen Widerruf seiner Positionen, berichteten der „Kölner Stadt-Anzeiger“ und die „Frankfurter Rundschau“ (Montagausgaben).

Einsatz für Anerkennung Homosexueller

Wucherpfennig war im Februar für eine dritte Amtszeit an der Spitze der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main wiedergewählt worden. Um in seinem Amt bleiben zu können, benötigt er eine Unbedenklichkeitserklärung („Nihil obstat“ - dt.: „es steht nichts entgegen“)vom Vatikan heißt es in den Berichten.

Wucherpfennig hatte demnach 2016 die biblischen Verurteilungen der Homosexualität in einem Zeitungsinterview als „tiefsitzende, zum Teil missverständlich formulierte Stellen“ bezeichnet. Der Geistliche, der im katholischen Stadtdekanat Frankfurt auch als Homosexuellen-Seelsorger wirke, habe sich für eine stärkere kirchliche Anerkennung von gleichgeschlechtlich Liebenden ausgesprochen.

Weitreichende Unterstützung für Rektor

Der für Sankt Georgen zuständige Bischof von Limburg, Georg Bätzing, stellte sich in den Zeitungen hinter Wucherpfennig. Er habe der Wiederwahl „uneingeschränkt“ zugestimmt, sagte ein Bistumssprecher den Blättern. Bätzing habe auch in Rom deutlich gemacht, dass „Bistum und Jesuitenorden gut beraten sind, an der bewährten Hochschul-Leitung festzuhalten“.

Der Frankfurter Stadtdekan, Johannes zu Eltz, reagierte mit Ärger und Unverständnis auf das Agieren Roms. Wucherpfennig sei ein „lauterer Priester und ein unbestechlicher Wissenschaftler“, sagte zu Eltz den Zeitungen. „Die Infragestellung seiner Integrität und seine völlig ungerechtfertigte Bestrafung schmerzen mich.“ Der Dekan fügte hinzu: „Wie dumm geht es denn eigentlich noch?“

„Wir sind Kirche“ empört

Die deutsche Bewegung „Wir sind Kirche“ (ein Verein zur Förderung von Reformen in der römisch-katholischen Kirche, wovon es international Gruppen gibt) reagierte in einer Aussendung am Montag „empört“. „Angesichts des enormen Glaubwürdigkeitsverlustes der römisch-katholischen Kirche ist gegen die römische Entscheidung entschiedener Widerstand angesagt“, schrieb der Verein.

Die Bildungskongregation, die von Pater Wucherpfennig einen öffentlichen Widerruf seiner positiven Aussagen zur Homosexualität und zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare gefordert habe, müsse in ihre Schranken gewiesen werden. „Offensichtlich benutzt sie eine verunsicherte und polarisierte Situation zum Schaden der Gesamtkirche dazu, neu ihre reaktionären Vorstellungen mit autoritären Methoden durchzudrücken.“

„Keine schwere Sünde mehr“

Klar müsse in jedem Fall sein: „Aus biblischen und anthropologischen Gründen kann Homosexualität nicht mehr als moralische Abweichung und können homosexuelle Beziehungen nicht mehr als schwere Sünde verurteilt werden.“ Im Sinne der vom Zweiten Vatikanischen Konzil und von Papst Franziskus angestrebten Dezentralisierung der Kirche solle die Kompetenz zur Erteilung des „Nihil obstat“ wieder in den Entscheidungsbereich des Ortsbischofs zurückkehren, fordert „Wir sind Kirche“.

religion.ORF.at/APA/AFP

Links:

https://religion.orf.at/stories/2940301/

Zuletzt geändert am 08­.10.2018