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Veröffentlicht am 04­.03.2019

4.3.2019 - BILD

Schweigegeld aus Steuergeld?

Kirche zahlte Tausende Euro an Missbrauchs-Opfer

Berlin – Im Dezember 2014 zahlte der „Orden der Missionare von Mariannhill“ in Würzburg 5000 Euro an einen BILD-Reporter.

Schweigegeld!

Unserem Reporter brachte es keine Ruhe. In BILD schilderte er – nach mehr als 40 Jahren –, wie ihn Bruder Fidelis im Kloster der Salesianerinnen in Oberroning (Niederbayern) immer wieder in eine Scheune lockte, um ihn zu missbrauchen.

Doch woher stammten die 5000 Euro, die der katholische Orden überwies, um Schweigen zu erkaufen?

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ETWA AUS STEUERGELD?

BILD fragte nach beim „Orden der Missionare von Mariannhill“. Der teilte am Montag lediglich mit, „dass in derartigen Fällen Leistungen an Betroffene grundsätzlich weder aus Kirchensteuer-Mitteln noch aus Spendengeldern erbracht werden“.

Aber stimmt das?

▶︎Fakt ist: Alleine im Bistum Würzburg sind seit 2010 rund 100 Anträge auf Entschädigungs-Zahlungen wegen sexuellen Missbrauchs eingegangen. In mehreren Fällen wurden 5000 Euro „Schweigegeld“ überwiesen: „zur Anerkennung des Leids Betroffener“, wie das die Diözese nennt.

▶︎Bundesweit haben in den vergangenen acht Jahren mehr als 1500 Betroffene Anträge auf Entschädigungs-Zahlungen gestellt. Besonders viele im Bistum Regensburg. Dort wurden inzwischen rund 4,3 Millionen Euro an Opfer sexuellen Missbrauchs und körperlicher Gewalt gezahlt. Kirchen-Millionen – und damit Steuer-Millionen?

▶︎Seit Gründung der Bundesrepublik ziehen die Finanzämter, also der Staat, die Kirchensteuer ein: die größte Einnahmequelle der katholischen Kirche, rund sechs Milliarden Euro pro Jahr. Die in diesem Missbrauchs-Fall betroffene Diözese Würzburg kassiert derzeit rund 180 Millionen Euro an Steuern pro Jahr. Hinzu kommen weitere 11,2 Millionen Euro an „Staatsleistungen“ – das Geld ALLER Steuerzahler, auch der Nicht-Katholiken.

Denn: Vor mehr als 200 Jahren verpflichtete sich der Staat, unter anderem die Bischofs-Gehälter zu zahlen. Zudem gibt es hohe Zuschüsse für kirchliche Einrichtungen wie Kitas und Krankenhäuser.

„Es wäre eine falsch verstandene Solidarität, wenn die Kirchensteuer-Zahlenden jetzt auch noch für die Fehler einzelner Priester einstehen müssten“, kritisiert Christian Weisner vom Verein „Wir sind Kirche“. Die katholische Kirche müsse endlich alle Zahlungen „bei den Tätern wieder reinholen“ – sprich: einklagen. Zudem könne es nicht sein, „dass Missbrauchstäter weiter ihre Bezüge erhalten“.

Zuletzt geändert am 06­.03.2019