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Veröffentlicht am 09­.05.2019

9.5.2019 - Neue Westfälische (AFP/DPA)

Leitender Priesterausbilder bezeichnet Homosexuelle als krank

Köln (AFP/dpa). Der Leiter der Priesterausbildung im größten deutschen Bistum, dem Erzbistum Köln, hat Homosexuelle in einem Vortrag als krank bezeichnet. Homosexualität sei nicht angeboren, sondern "die Folge einer psychologischen (Fehl)Entwicklung", die in der Kindheit oder Jugend stattfinde und zu einem "Geschlechtsminderwertigkeitskomplex" führe, zitierte die Süddeutsche Zeitung aus dem Manuskript eines Vortrags von Pater Romano Christen vor Theologiestudenten im Januar in Bonn.

Demnach sagte der Direktor des Collegium Albertinum weiter, homosexuelle Liebe sei weniger "die reale Begegnung mit einem Du", sondern vielmehr "eine narzisstische Suche". Die "Fixierung auf die Lust" solle "die eigene innere Wunde heilen und das Selbstmitleid stillen". Der unter Verantwortung des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki tätige Pater sprach sich auch für die unter besonders radikalen Katholiken verbreitete These aus, Homosexualität sei therapierbar. "Auch wenn sie von der Schwulenlobby regelrecht dämonisiert werden, gibt es Therapien und Männer, die sie erfolgreich bestanden haben."

Heftige Kritik

Der Pater bestreitet seine Aussagen nicht, ließ aber über eine vom Erzbistum verbreitete Erklärung betonen, sie hätten in einem größeren Gesprächszusammenhang gestanden. In dem Vortrag habe er auch seine Überzeugung ausgedrückt, dass Homosexuelle Respekt verdienten "und auf keinen Fall herabgewürdigt werden dürfen".

Der Vortrag erntet heftige Kritik. Die Thesen des Paters seien „beleidigend", sagte der Vorsitzende des Kölner Diözesanrats, Tim Kurzbach, dem Kölner Stadt-Anzeiger. „Wer so über Homosexuelle denkt und redet, hat sich für die Ausbildung des Priesternachwuchses diskreditiert", sagte der Vertreter der Laien, der auch Oberbürgermeister von Solingen ist.

„Solche Aussagen sind eine Ohrfeige für jeden homosexuell empfindenden Menschen", sagte Christian Weisner von der katholischen Reform-Initiative „Wir sind Kirche". Es sei „traurig", dass solche Meinungen in der Priesterausbildung noch verbreitet würden. „Kardinal Woelki sollte sich überlegen, ob Menschen mit so einem Weltbild die richtigen Ausbilder für Priester sind", sagte Weisner.

Kirche sieht Homosexualität als Sünde

Die katholische Kirche lehnt Homosexualität als Sünde ab. Im erzkatholischen Milieu und in der evangelischen Kirche unter Evangelikalen gibt es bis heute Forderungen, die Homosexualität zu therapieren. Auf der anderen Seite ging gerade in Deutschland die katholische Kirche in jüngerer Zeit stärker auf Homosexuelle zu.

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sagte etwa, "dass die Kirche auch diesen Menschen zugewandt ist". In der "Süddeutschen" kritisierten Theologen die Äußerungen des Kölner Priesterausbilders als gefährlich. Der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertz sagte dem Blatt, die Äußerungen entsprächen dem wissenschaftlichen und moraltheologischen Stand der 50er und 60er Jahre. Die Aussagen seien "durchzogen von Vorurteilen, die für Betroffene kaum zu ertragen sind". Der Freiburger Fundamentaltheologe Magnus Striet sieht zudem mit Blick auf den Skandal um sexuellen Missbrauch durch Priester in solchen Äußerungen eine Gefahr. Es sei davon auszugehen, dass eine ganze Reihe von Priesteramtskandidaten homosexuell sei. "Ihnen wird vermittelt, dass ihre Sexualität ein Defekt ist, dass sie ihre Gefühle zu verdrängen haben". In zehn, 15 Jahren seien diese Männer Priester und einsam, alle Probleme kämen hoch. "Das ist eines der Einfallstore für sexuelle Gewalt in der katholischen Kirche."

https://www.nw.de/nachrichten/thema/22451756_Leitender-Pristerausbildung-bezeichnet-Homosexuelle-als-krank.html

Zuletzt geändert am 09­.05.2019