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Veröffentlicht am 01­.08.2019

August 2019 - Freckenhorster Kreis Heft 163

Notwendigkeit grundlegender und selbstermächtigter Reformen

Statement von Christian Weisner (Wir sind Kirche) zum Vortrag von Prof. Dr. Hubert Wolf, gehalten in der Aula der KSHG Münster am 11. April 2019 aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums der Gründung des Freckenhorster Kreises. 

Den Impulsvortrag von Prof. Hubert Wolf kommentierende Statements von den Podiumsteilnehmern Christian Weisner (Wir sind Kirche), Dr.Christiane Florin (Journalistin), Till Thieme (Student), Cilli Scholten (Psychologin und Theologin), Andreas Dieckmann (Pfarrer)

(nach Tonaufzeichnung z.T. gekürzt und redigiert von H.B. Terbille)

 

Herzlichen Dank für die Einladung. Ich bin gern aus Dachau hierhergekommen. Obwohl ich in den 70er Jahren in Dortmund studiert habe, fühle ich mich auch hier zuhause durch den damaligen Kontakt mit der Studentengemeinde Münster mit ihren Pfarrern Waltermann und Kerstiens. Dem Freckenhorster Kreis möchte ich danken für seinen Beitrag in der großen Reformgeschichte, die Sie, Herr Prof. Wolf, mit Beispielen so anschaulich aufgelistet haben. Die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ hat, zunächst in Österreich entstanden, nachdem Fall des Wiener Kardinals Hans Hermann Groer fünf Reformforderungen formuliert und dazu Unterschriften gesammelt: mehr Partizipation der Laien in der Kirche, gleiche Rechte und Weihe für dieFrauen in der Kirche, Aufhebung des Pflichtzölibats, eine positive Sexualmoral und die lehramtliche Verkündigung als Frohbotschaft und nicht als Drohbotschaft.

Vor 24 Jahren und auch schon zuvor von anderen Reformgruppen sind diese Forderungen gestellt worden. Mich macht betroffen und zornig, dass weder die Kirchenleitungen in Österreich, in Deutschland, in Rom, in Australien entsprechend reagiert haben. Hätten sie es getan, wäre vielen Menschen großes Leid erspart geblieben und der Kirche selbst die gegenwärtige große Glaubwürdigkeitskrise.

Ich sehe als nicht studierter Theologe diese Krise eher dadurch verursacht, dass die Visionen des Zweiten Vatikanischen Konzils sowohl von den nachfolgenden Päpsten Johannes Paul II. und Joseph Ratzinger, zunächst als Glaubenspräfekt und später als Papst Benedikt XVI. blockiert wurden. Jetzt ist mit Papst Franziskus ein Mann von der Peripherie der Weltkirche gewählt worden, der gegen heftige Widerstände die römische Kurie zu reformieren versucht. In diesem Drama spielt weiterhin Joseph Ratzinger als Papst emeritus eine unrühmliche und spalterische Rolle, wenn er wie in einem heute veröffentlichten Aufsatz die 68er-Bewegung als Verursacher der Missbrauchsfälle verurteilt. Dieses sein Denken und Handeln ist unsäglich und schädlich für die Kirche.

Trotz dieser Blockaden erleben wir von „Wir sind Kirche“ mit Freude, dass es Reformgruppen gibt wie den Freckenhorster Kreis oder wie jetzt neu in Münster die Frauen Maria 2.0 – sie sitzen hier in der ersten Reihe – die zum Tag der Diakonin am 29. April 2019 zusammen mit katholischen Reformgruppen und dem Bund der katholischen Jugend den Aufbruch per Streik wagen. Damit die Bewegungen wirksam werden, regen wir folgende Schritte an:

1. Die Vernetzung der Reformkräfte,

2. Reformwillige Gemeinden zu kontaktieren und ihnen Hilfe anbieten,

3. Den Bischöfen, die sich gegenüber der Basis isoliert haben, sagen, was zu tun ist.

Der von der Mehrheit der Bischöfe immer wieder versprochene synodale Prozess einer Reform war bisher immer eine hinhaltende Entmutigung. Daher möchte „Wir sind Kirche“ allen Reformgruppen Mut zusprechen und ihnen danken für ihre Mühe und danken den Theologinnen und Theologen wie Hubert Wolf, die an staatlichen Universitäten eine Freiheit haben, die an kirchlichen nicht unbedingt gegeben ist. Da ist Münster ein toller Ort, wirklich ein theologischer Hotspot. Ich bin dankbar, dass ich heute hier sein darf.

> Das gesamt Heft 163 des Freckenhorster Kreises als PDF

 

Zuletzt geändert am 14­.09.2019