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Veröffentlicht am 01­.10.2019

1.10.2019 - sueddeutsche.de

Erzbistum München bekommt erstmals eine Chefin

  • Mit der Juristin Stephanie Herrmann bekommen die Mitarbeiter des Erzbistums München und Freising erstmals eine Chefin.
  • Mit der neuen Leiterin steht der Kirchenverwaltung nun zum ersten Mal eine Person vor, die kein geweihter Priester ist.
  • Kardinal Marx teilt den Posten seines Stellvertreters auf mehrere Schultern auf.
Für die katholische Kirche ist es eine bislang beispiellose Entscheidung: Die Mitarbeiter des Erzbistums München und Freising bekommen im Januar 2020 eine Frau zur Chefin. Die Juristin Stephanie Herrmann werde im Januar 2020 den neu geschaffenen Posten der Amtschefin übernehmen, teilte die Kirche am Dienstag mit. Damit wird künftig nicht nur erstmals ein Bistum federführend von jemandem verwaltet, der kein geweihter Priester ist.

Sondern es ist auch das erste Mal, dass in der von Männern dominierten katholischen Kirche eine Frau in eine derartig exponierte Leitungsposition aufsteigt. Dass die Wahl auf eine Frau gefallen sei, freue ihn ganz besonders, sagte Hans Tremmel, der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken, am Dienstag. Im Hinblick auf die anstehenden Reformen in der Kirche sei es "ein wichtiges Zeichen, dass bereits jetzt verantwortungsvolle Entscheidungspositionen in unserem Erzbistum für kompetente Laien und insbesondere für Frauen offenstehen".

Die Kirche setzt damit eine Neuerung um, die Erzbischof Reinhard Marx bereits im November angekündigt hatte. Um weniger Macht in den Händen von Priestern zu konzentrieren, die Hierarchie der Kirche für Nicht-Geweihte und insbesondere für Frauen zu öffnen sowie die Verwaltung stärker zu professionalisieren, solle das Amt des Generalvikars zweigeteilt werden, hieß es. Dieser ist der Stellvertreter des Erzbischofs, wird von diesem ernannt und muss zwar Priester, aber nicht zwangsläufig Experte in Verwaltungsfragen sein. Dennoch führte er bisher im Erzbistum München und Freising, wie allgemein in der katholischen Kirche üblich, auch die Kirchenverwaltung, war also Chef von derzeit rund 16 000 Frauen und Männern im Kirchendienst. Gemeinsam mit dem bisherigen Generalvikar Peter Beer verabredete Marx, das zu ändern sowie priesterliche und administrative Aufgaben voneinander zu trennen.

Ende des Jahres gibt Beer nun sein Amt auf. Sein designierter Nachfolger Christoph Klingan, 41, zuletzt Pfarrer in Poing, arbeitet sich bereits als stellvertretender Generalvikar ein, wird ab Januar aber nur noch für strategische, theologische und inhaltliche Fragen zuständig sein. Die Verwaltung hingegen übernimmt Stephanie Herrmann. Generalvikar Klingan werde über die Amtschefin zwar eine dienstliche Aufsicht ausüben, in Verwaltungsfragen aber nicht ihr Vorgesetzter sein, teilt die Kirche mit. Beide sind demnach unmittelbar dem Kardinal unterstellt.

Stephanie Herrmann ist derzeit im Bayerischen Wissenschaftsministerium tätig. Die 52-jährige Juristin stammt aus München und arbeitete in der Vergangenheit auch für die Ludwig-Maximilians-Universität München sowie für die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag. Im Ministerium ist sie derzeit als stellvertretende Abteilungsleiterin für Hochschulmedizin und Universitätskliniken zuständig. Von dort wechselt sie jetzt in eines der reichsten, größten und politisch bedeutendsten deutschen Bistümer, das derzeit nicht nur an der Spitze, sondern auch in den Gemeinden nach neuen Strukturen sucht.

Auch dort will die Kirche künftig weniger Kompetenzen bei ihren Priestern bündeln und Nicht-Geweihte stärker einbinden, darunter Männer und Frauen. In Pilotprojekten proben deshalb Teams aus Haupt- und Ehrenamtlichen, wie sie sich die Leitung einer Gemeinde mit dem Pfarrer teilen können. Bisher haben zwei solche Teams die Arbeit aufgenommen: Seit April arbeitet eines in Geisenhausen bei Landshut, ein weiteres gibt es seit Kurzem im Pfarrverband Feldkirchen-Höhenrain-Laus bei Rosenheim. Ein weiteres Team soll im Pfarrverband Neuaubing-Westkreuz in München gebildet werden.

Gleichgestellt sind Frauen in der katholischen Kirche freilich längst nicht. Die Weihe zur Priesterin oder zur Diakonin etwa ist Frauen nach wie vor verwehrt. Erst Ende September demonstrierten deshalb Frauenverbände und Reformgruppen vor der Münchner Frauenkirche für die Gleichberechtigung der Frau.

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/erzbistum-muenchen-freising-chefin-1.4623600

Zuletzt geändert am 06­.10.2019