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Veröffentlicht am 18­.10.2019

18.10.2019 - Wiesbadener Kurier

Reformen sind wohl die letzte Chance für einen Ausweg

Vor ihrer Bundesversammlung dringt die Bewegung «Wir sind Kirche» auf eine Erneuerung der katholischen Kirche. Sie müsse sich dazu gegen alle Widerstände durchsetzen, aus den eigenen Reihen und dem Vatikan.

Von dpa

Neustadt an der Weinstraße - Die Bewegung «Wir sind Kirche» sieht den geplanten Reformprozess «Synodaler Weg» als vielleicht letzte Chance auf einen Ausweg aus der Krise der katholischen Kirche. Das Machtsystem der Kirche, das vor allem Frauen ausschließe, habe jede moralische Autorität verloren, sagte «Wir sind Kirche»-Sprecher Christian Weisner am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. «Wir werden den «Synodalen Weg», der am 1. Dezember beginnen soll und auf zwei Jahre angelegt ist, in kritischer Loyalität begleiten, warnen aber vor allzu großen Hoffnungen.» Es sei nicht eindeutig geklärt, wie Beschlüsse zustande kämen und wie verbindlich sie dann seien.

«Wir sind Kirche» kommt an diesem Wochenende im pfälzischen Neustadt an der Weinstraße zur Bundesversammlung zusammen. Die 1995 gegründete Reformbewegung wolle dort ein Positionspapier für die kommenden Jahre beschließen, sagte Weisner. «Wir wollen unter anderem noch stärker als bisher die Gemeinden und Glaubenden an der Kirchenbasis darin unterstützen, selber initiativ zu werden, Verantwortung zu übernehmen und Kirche vor Ort zu sein.» Ein jahrzehntelanger Reformstau und in ganz besonderem Maße der Glaubwürdigkeitsverlust durch massenhaften Missbrauch von Kindern und Jugendlichen hätten weltweit die römisch-katholische Kirche in eine existenzielle Krise geführt.

Unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals haben die katholischen Bischöfe in Deutschland einen Reformprozess eingeleitet, den sie «Synodalen Weg» nennen. Dabei geht es unter anderem um den Umgang der Kirche mit Macht, die umstrittene Ehelosigkeit von Priestern (Zölibat), die Sexualmoral und die Position von Frauen in der Kirche.

«Alle Verantwortlichen im Vatikan und in Deutschland, die sich jeder Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre verweigern, müssen sich fragen lassen, wie sie dies angesichts des weltweit verheerenden Glaubwürdigkeitsverlustes der Kirchenleitung rechtfertigen können», betonte Weisner. Er verglich die aktuelle Lage mit der Zeit der Reformation und Martin Luther vor 500 Jahren. «Neuere Bewegungen wie die Frauenprotestbewegung Maria 2.0, mit der Wir sind Kirche eng vernetzt ist, sind dabei ermutigende Zeichen der Zeit», meinte er.

Weisner sagte, auch «Wir sind Kirche» sei schockiert vom Anschlag auf eine Synagoge in Halle. «Die vom Grundgesetz gewährte Religionsfreiheit ist für das friedliche Zusammenleben unserer Gesellschaft unerlässlich.» Auch Kirchen, Religionsgemeinschaften und die Zivilgesellschaft müssten sich noch stärker um Kooperationen bemühen, um falschen Polarisierungen den Nährboden zu entziehen. «Auch in den christlichen Kirchen mag es immer noch unterschwelligen Antisemitismus und Islamfeindlichkeit geben. Diese müssen aufgearbeitet werden», forderte der Sprecher von «Wir sind Kirche».

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Zuletzt geändert am 21­.10.2019