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Veröffentlicht am 27­.06.2007

27.6.2007 - Süddeutsche Zeitung

Priesterweihe ohne Zölibat

Verheirateter evangelischer Pfarrer wird katholisch

Es wird eine außergewöhnliche Priesterweihe werden am Samstag in der Schutzengelkirche zu Eichstätt. Denn der Mann, der katholischer Pfarrer werden will, ist verheiratet und hat drei Kinder. Papst Benedikt XVI. persönlich hat erlaubt, dass Bischof Gregor Maria Hanke den 44 Jahren alte Hans-Tilman Golde dennoch weihen kann. „Das ist eigentlich gar nicht so ungewöhnlich”, sagt Bistumssprecher Martin Swientek. Immer wieder gebe es Einzelfälle, auch in Bayern wird Golde nicht der erste katholische Priester und Familienvater sein. So wurde beispielsweise im vergangenen Jahr in München ein ehemaliger evangelischer Pfarrer, der ebenfalls verheiratet ist, zum katholischen Priester geweiht. Oftmals arbeiteten die Bewerber zuvor in der evangelischen Kirche in geistlichen Berufen, was alleine allerdings noch nicht ausreicht, um katholischer Priester zu werden. „Das geschieht nicht überstürzt, sondern nach reiflicher Prüfung”, sagt Winfried Röhmel, Sprecher des Erzbistums München-Freising. Er weiß von mehreren bayerischen Fällen, ein Massenphänomen sei die Konvertion freilich nicht.

Auch Hans-Tilman Golde arbeitete mehrere Jahre als Pfarrer in der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsen. Aus theologischen Gründen habe er sich dann zum Konfessionswechsel entschieden, teilte das bischöfliche Ordinariat in Eichstätt mit. Der damalige Eichstätter Bischof Walter Mixa habe Golde in die katholische Kirche aufgenommen und ihn in seinem Bestreben unterstützt, als Diakon und Pfarrer wirken zu wollen. Als im Oktober 2006 Gregor Maria Hanke zum neuen Bischof von Eichstätt berufen wurde, führte er diese Linie fort. Im Fall von Golde sei berücksichtigt worden, dass er als evangelischer Pfarrer Aufgaben der Seelsorge als persönliche Berufung gelebt habe, heißt es in der Erklärung des Bistums.

Im Februar 2007 erteilte schließlich Papst Benedikt die notwendige Ausnahmegenehmigung, und so weihte Bischof Hanke Golde im März zum Diakon. „Sie gliederten durch die Taufe Kinder in Christus ein, sie verkündeten das Leben spendende Wort Gottes, sie versammelten Menschen zum Gedächtnis Christi, sie führten Menschen zum Gebet” sagte Hanke damals. Da Golde das katholische Amtsverständnis voll und ganz bejahe, dürften seine pastoralen Erfahrungen und Fähigkeiten der Diözese zugute kommen.

Im Unterschied zur regulären Priesterweihe wird Golde am Samstag kein Versprechen zur Ehelosigkeit ablegen, der Zölibat gilt für ihn nicht. So muss auch seine Ehefrau keine Auswirkungen auf das Familienleben befürchten. Im Falle des Todes seiner Ehefrau dürfte der Priester allerdings kein zweites Mal heiraten. Die Diözesangruppe der Laienbewegung „Wir sind Kirche” nahm die bevorstehende Weihe von Golde zum Anlass, wieder einmal die Aufhebung des Zölibats zu fordern. Die Verpflichtung zur Ehelosigkeit habe in den vergangenen Jahrzehnten dazu geführt, dass über 10 000 Priester in Deutschland, weltweit sogar 100 000, ihren Dienst quittiert hätten, so Sprecher Walter Hürter. Immer häufigere Ausnahmen wie der Fall Golde zeigten, dass es sich beim Zölibat um ein nicht mehr vertretbares Kirchengesetz handle. Er sei einer der Hauptgründe für den Priestermangel in den Gemeinden. Zudem habe die katholische Kirche durch die „oft zölibatäre Scheinwelt” ihrer Priester auch ein Glaubwürdigkeitsproblem. Darunter litten auch deren inoffizielle Frauen und Kinder.

Katja Auer

Zuletzt geändert am 28­.06.2007