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Veröffentlicht am 04­.09.2020

4.9.2020 - br.de

Debatten um Homosexualität und Frauen in der Kirche

> mit Video auch über den Protest der Reformgruppen vor dem Tagungsort in München

(Foto von der Webseite des BR)

Wenn katholische Bischöfe und Laien beim "Synodalen Weg" über Kirchen-Reformen debattieren, wird Klartext gesprochen: Frauen fordern seit langem einen Zugang zum Priesteramt und Homosexuelle wollen katholisch sein und dabei nicht in Sünde leben.

 

"Ich bin katholisch und ich bin schwul", sagt Hendrik Johannenmann. Als er seine sehr persönliche Geschichte erzählt, ist es ganz still im Tagungssaal in München. "Ich hab einen Partner. Seit fast acht Jahren. Wir sind glücklich zusammen. Wir haben schwere Zeiten gehabt. Aber wir stehen zueinander. Wir haben Sex. Ich liebe Philipp."

Marx: "Kirche hat ein großes Problem mit Sexualität"

Nach offizieller Lehre der katholischen Kirche lebe er in schwerer Sünde, führt der junge Mann weiter aus - dabei sei er Teil von Gottes Schöpfung. Er wolle kein Spaltpilz sein und hoffe auf die Reformen seiner Kirche, die sich Kleriker und Laien beim Synodalen Weg auf die Fahnen geschrieben haben.

Die katholische Kirche habe ein großes Problem mit Sexualität, sagt auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx: "Wir wollen ein anspruchsvolles Sprechen über dieses wichtige und großartige Thema, das Gott uns gegeben hat. Dadurch, dass wir Männer und Frauen sind."

Es brauche eine neue Sprache, die nicht zu einer weiteren Spaltung beitrage. Glaubwürdigkeit und das durch den Missbrauchsskandal verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnen – das ist das Ziel der ursprünglich auf zwei Jahre angelegten Reformgespräche beim sogenannten Synodalen Weg. Statt der geplanten dreitägigen Vollversammlung mit 230 Mitgliedern gab es an diesem Freitag kleinere Treffen an fünf Orten in Deutschland.

Streitthema Priesterinnen

Die Frauenfrage sei die entscheidende bei den angestrebten Reformen, so der oberste Laienvertreter Thomas Sternberg vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken beim Treffen in Dortmund. Vor der Tagung in München hatten mehrere Initiativen für mehr Rechte von Frauen in der Kirche protestiert. Ein Thema, das polarisiert, wie kaum ein anderes. "Wenn die Frauen jetzt nicht beteiligt werden, dann stirbt die Kirche", sagt eine der Demonstrierenden.

So beklagen Schwestern in Frauenklöstern ihre Erfahrungen während der Corona-Ausgangsbeschränkungen. Dort müsse immer ein Priester für die Eucharistiefeier kommen, sagt die Oberin der Oberzeller Franziskanerinnen aus Würzburg, Katharina Ganz: "Bei uns im Kloster war der Lockdown damit verbunden, dass in vielen Konventen keine Eucharistiefeiern mehr stattfinden konnten. Wir haben dadurch die Abhängigkeit von Priestern erlebt." Diese Abhängigkeit würde wegfallen, wenn auch Frauen zu allen Ämtern zugelassen wären.

"Wir leben im 21. Jahrhundert. Ich lebe in einer Gesellschaft, in der Gleichberechtigung selbstverständlich ist, und ich muss mich immer wieder rechtfertigen, warum ich eigentlich noch in der katholische Kirche bin, wo Gleichberechtigung nicht selbstverständlich ist." Viola Kohlberger, Vertreterin der Pfadfinder im Bistum Augsburg

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hatte das Arbeitspapier zum Thema Frauen im Vorfeld formal und inhaltlich kritisiert. Er spricht sich gegen die Priesterweihe für Frauen aus. Frauen würden etwa im Kommunionunterricht sowieso die meiste Verkündigungsarbeit leisten, sich jetzt nur auf das Predigen zu konzentrieren, sei eine "Engführung", so Voderholzer. Und auch einzelne Teilnehmerinnen sind skeptisch. Dorothea Schmidt von der Initiative Maria 1.0 sagt, die Kirchenbänke würden sich auch nicht mehr füllen, "wenn Frauen da vorne stehen."

Entscheidungen zu strittigen Themen können allerdings nur an anderer Stelle getroffen werden. Bei den fünf Regionenkonferenzen am Freitag ging es vor allem um die Debatte.

https://www.br.de/nachrichten/kultur/debatten-um-homosexualitaet-und-frauen-in-der-kirche,S9cv69Z

Zuletzt geändert am 07­.09.2020