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Veröffentlicht am 07­.07.2007

7.7.2007 - tagesschau.de

Papst lässt Messen auf Latein wieder zu

"Pater noster, qui es in caelis"

Es ist eine päpstliche Entscheidung mit Symbolwert: Mehr als 40 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat Benedikt XVI. die traditionelle lateinische Messe aufgewertet. In einem apostolischen Schreiben ("Motu Proprio") ordnete er an, dass die Gottesdienste künftig nach alter Liturgie gefeiert werden sollen, wenn dies "eine Gruppe von Gläubigen" in einer Gemeinde wünscht. Ausdrücklich steht dort aber auch: "Zwietracht (ist) zu vermeiden und die Einheit der ganzen Kirche zu fördern".

Durch die Aufwertung der lateinischen Messe solle die Kluft zu den strikt konservativen Anhängern des französischen Bischofs Marcel Lefebvre (1905-1991) geschlossen werden, der 1988 exkommuniziert wurde. Es handele sich aber nicht um eine Abkehr vom Konzil. "Es geht um eine innere Versöhnung in der Kirche", erklärte Benedikt in einem erläuternden Begleitschreiben an die Bischöfe.

Zu einer Spaltung der Kirche werde die Aufwertung nicht führen, äußerte sich Benedikt XVI zuversichtlich. Diese zwei Ausdrucksformen - lateinische Messe, volkssprachliche Messe - seien nur zwei Anwendungsformen des einen römischen Ritus'.

Abkehr von alter Liturgie war wichtiger Schritt der Öffnung

Bei der alten "tridentinischen" Messe werden die Hauptgebete auf Latein gehalten. Zudem wendet sich der Priester dabei zum Altar und kehrt dem Kirchenvolk damit den Rücken zu. Die Abkehr von dieser Liturgie im Zuge des Konzils gilt noch heute als Zeichen der Öffnung und Modernisierung der Katholischen Kirche.

Benedikt betonte, die alte Liturgie habe lediglich als "außerordentliche Ausdrucksform" zu gelten. Die "ordentliche Ausdrucksform" des katholischen Gottesdienstes bliebe die 1970 erlassene Messform, bei der die Gebete in der Landesprache gehalten werden. Seit damals war die lateinische Messe faktisch so gut wie abgeschafft worden und wurde nur in ganz besonderen Fällen vom Bischof genehmigt.

"Kaum erträgliche Entstellungen der Liturgie" In seinem erläuternden Schreiben äußerte Benedikt aber auch scharfe Kritik an all zu viel "Kreativität" und "kaum erträglichen Entstellungen der Liturgie" im Zuge der Reform. "Ich spreche aus Erfahrung, da ich diese Phase in all ihren Erwartungen und Verwirrungen miterlebt habe." Viele tief im Glauben verwurzelte Menschen würden durch solche "eigenmächtigen Entstellungen der Liturgie verletzt".

Vatikansprecher Federico Lombardi sagte laut Radio Vatikan, das Papstschreiben "sei keine Revolution und auch kein Schritt zurück". Der Papst wolle nur denen, die den berechtigten und tiefen Wunsch nach der lateinischen Messe verspüren, die Möglichkeit geben, sich damit auch gütig aufgenommen zu fühlen. Es handele sich dabei, so Lombardi, ohnehin um einen kleinen Kreis von Gläubigen.

Lehmann: Messe auf Deutsch bleibt Normalform

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Lehmann, meinte, die nach dem Konzil eingeführte Liturgie werde "die Normalform in den Gemeinden bleiben". Zugleich wies er Kritik zurück, dass es sich um einen Bruch mit dem Konzil handele: "Wer die neuen Dokumente aufmerksam liest, wird schnell merken, dass der Papst weder die Entscheidungen des Konzils noch die Gültigkeit der Liturgiereform selbst in Frage stellt." Eine einfache Rückkehr zum Alten sei auch für den Papst keine Lösung. Der Münchner Kardinal Wetter sagte: "Die Vielfalt der Riten kann durchaus befruchtend sein, wenn sie im Geist der Liebe und Einheit gefeiert werden."

Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" sieht in der Entscheidung dagegen die Gefahr eines Rückschritts. "Wenn unbekannte Texte in einer Sprache vorgetragen werden, die keiner versteht, geht die Messe an den Menschen vorbei", sagte die Sprecherin Sigrid Grabmeier. Der Gottesdienst werde so zu einem "exotischen Event", wo Menschen in schönen Gewändern herumliefen, viel Weihrauch geschwenkt werde und keiner etwas verstehe.

In drei Jahren solle eine erste Bilanz der Neuregelung gezogen werden.

Zuletzt geändert am 07­.07.2007