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Veröffentlicht am 09­.07.2007

9.7.2007

Lehmann: Papst-Erlass kein Rückschritt - Kritik von Reformbewegung

(Freising/dpa) Die deutschen Bischöfe sehen die Aufwertung der traditionellen lateinischen Messe nicht als Rückschritt, sondern als Beitrag zur Versöhnung. Mit seiner Anordnung («Motu Proprio») reagiere Papst Benedikt XVI. auf «entsprechende inständige Bitten und will so denen großherzig entgegen kommen, die sich von der älteren Form der Messliturgie angezogen fühlen», sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Kardinal Karl Lehmann, am Samstag in Freising. Er nahm dort an einer Sitzung der DBK-Glaubenskommission teil. Die Reformbewegung «Wir sind Kirche» wies indessen auf die Gefahr eines Rückschritts und von Spannungen in Gemeinden hin.

«Ich bin überzeugt, dass das ein positiver Schritt ist, damit die, die diese Messe lieben, nicht einfach in ein sektenmäßiges Abseits gedrängt werden, als ob sie etwas tun, was unnormal erscheint», ergänzte Lehmann. Auch der Münchner Kardinal Friedrich Wetter sagte: «Das "Motu Proprio" ist kein Abschied vom II. Vatikanischen Konzil und seiner Liturgiereform.»

Benedikt XVI. hat angeordnet, dass Gottesdienste künftig nach dem alten Messritus gefeiert werden sollen, wenn dies «eine Gruppe von Gläubigen» in einer Gemeinde wünscht. Wetter warnte davor, die Liturgie als Instrument innerkirchlicher Streitereien zu missbrauchen. «Entscheidend ist, dass wir die heilige Messe mit Würde und Andacht feiern im gläubigen Wissen darum, dass der Herr in unserer Mitte ist und mit uns feiert.» Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke betrachtet das Papstschreiben als Chance zur Bereicherung der Liturgie. Dem Papst gehe es um einen würdigen Vollzug der Liturgie, bei dem man das reiche Erbe der Tradition nicht verstecke.

Die nach dem II. Vatikanischen Konzil (1962-1965) eingeführte Liturgie werde «die Normalform in den Gemeinden bleiben», sagte Lehmann. Auch der Papst unterstreiche in seinem Begleitbrief zum «Motu Proprio» die Bedeutung der neueren Messform als «ordentlichen Ritus». So könne jemand nur in der «vollen Gemeinschaft mit der Kirche» leben, wenn er die Messfeier nach den erneuerten liturgischen Büchern nicht ausschließe. «Das ist ein wichtiges Kriterium: Wer die alte Messe feiern will, muss seinen Frieden schließen mit der neuen Messe», betonte Lehmann.

«Wir gehen den Pfad der Versöhnung gerne mit», sagte der Kardinal aus Mainz im Hinblick auf Hinweise in den vergangenen Monaten, vor allem Bischöfe aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz hätten erhebliche Bedenken beim Thema Wiederzulassung der alten Messe angemeldet. In den Pfarreien erwartet Lehmann keine allzu großen Veränderungen. Eine Umfrage in den deutschen Bistümern habe im Vorjahr gezeigt, dass der Bedarf an Messen im alten Ritus durch entsprechende Sonderregelungen weitgehend abgedeckt sei. Am 14. September tritt die päpstliche Anweisung in Kraft, mit der Umsetzung wollen sich die deutschen Bischöfe im Herbst befassen.

Die Reformbewegung «Wir sind Kirche» befürchtet Spannungen. Der Versuch, Traditionalisten zu befrieden, könne «zu einer neuen Spaltung innerhalb vieler Gemeinden, Bistümer und schließlich der ganzen römisch-katholischen Kirche führen», heißt es in einer Mitteilung der Organisation.

Diese Gefahr sieht der Münchner Liturgieprofessor Winfried Haunerland nicht. Die meisten Gottesdienste würden auch nach dem Erlass weiter in der bisher üblichen Form gefeiert werden, erläuterte Haunerland in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa: «Kein Pfarrer kann sich auf das "Motu Proprio" beziehen, wenn er den Ritus mit der gesamten Gemeinde feiern will. Es geht ausdrücklich um bestimmte Gruppen, die um die Messfeier nach dem außerordentlichen Ritus bitten.»

Zur Kritik jüdischer Gruppen in den USA, wonach die Aufwertung der lateinischen Messe die katholisch-jüdischen Beziehungen belaste, sagte die Sprecherin der Deutschen Bischofskonferenz, Martina Höhns, auf dpa-Anfrage, Papst Benedikt habe in seinem Dokument eigens angewiesen, dass diese lateinische Liturgie am Karfreitag nicht gehalten werden dürfe. Es geht bei der Kritik aus den USA um die lateinische Karfreitagsliturgie, in der die katholischen Gläubigen für den Übertritt der Juden zum christlichen Glauben beten. In der umstrittenen Passage heißt es übersetzt: «Lasst uns beten auch für die Juden, dass unser Gott und Herr den Schleier von ihren Herzen nehme, damit auch sie Jesus Christus, unseren Herrn, erkennen.»

Zuletzt geändert am 08­.07.2007