10.7.2007 - Kölnische Rundschau
Protestanten über Papst empört
Rom/Hannover/Moskau - Der Vatikan bekräftigt seinen konservativen Kurs: Wenige Tage nach dem Papstschreiben zur Aufwertung der lateinischen Messe hat Rom allen Protestanten den Status der Kirche abgesprochen. Da Protestanten wie auch andere Glaubensgemeinschaften mit "Mängeln behaftet" seien, handele es sich bei ihnen lediglich um "kirchliche Gemeinschaften", heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Text der Glaubenskongregation. Das von Papst Benedikt XVI. ausdrücklich gut geheißene Dokument löste offene Empörung aus, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Bischof Wolfgang Huber sprach von einer "paradoxen" Haltung, die der Ökumene schade. Andere Kritiker sprachen vom "Alleinvertretungsanspruch" Roms.
Wie in bereits in dem umstrittenen Schreiben "Dominus Iesus" von 2000 betont die Glaubenskongregation auch diesmal die Einzigartigkeit und den Vorrang der katholischen Kirche. Die römische Kirche beanspruche die "apostolische Sukzession", wonach sich Päpste und Bischöfe noch heute auf den 2000 alten Auftrag Jesu Christi an die Apostel zur Glaubensverbreitung berufen. "Deshalb sind sie (die Protestanten) "nicht Kirchen im eigentlichen Sinn", sondern "kirchliche Gemeinschaften"", heißt es in einem Kommentar der Kongregation.
Der EKD-Ratsvorsitzende meinte, es handele sich um eine "unveränderte Neuauflage der anstößigen Aussagen von Dominus Iesus". Die Haltung des Vatikans würde auch "in vielen katholischen Gemeinden auf pures Unverständnis stoßen", sagte Landesbischof Friedrich Weber, Catholica-Beauftragten der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands.
Auch Katholiken sind enttäuscht
Von einem "erneuten Schlag ins Gesicht der Ökumene" sprach die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche". Es handele Sich um einen Affront für alle Protestanten, sagte Sprecher Christian Weisner. "Die römisch-katholische Kirche muss sich angesichts ihres theologisch sehr fragwürdigen Alleinvertretungsanspruchs fragen lassen, wie ernst es ihr überhaupt noch um die Ökumene und Dialogbereitschaft geht."
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, räumte ein, die Vatikanerläuterung "mag besonders in ihrer Knappheit und Dichte hart erscheinen". Er warnte, der Anspruch Roms dürfe "nicht zu irgendeiner Überheblichkeit führen".
Keine neue Position
Der Vatikan betonte, der Text enthalte keine neuen Positionen, sondern bringe lediglich die bekannte römische Haltung in Erinnerung. "Auch wenn diese klaren Aussagen bei den betroffenen Gemeinschaften und auch in katholischen Kreisen Unbehagen verursacht haben, ist nicht ersichtlich, wie man diesen Gemeinschaften den Titel "Kirche" zuschreiben könnte." Allerdings heißt es, dass die protestantischen Gemeinschaften "zweifellos einen kirchlichen Charakter und einen daraus folgenden Heilswert haben".
Das acht Seiten lange Dokument mit dem Titel "Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche" ist vom Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, unterzeichnet. Zur Einzigartigkeit der katholischen Kirche heißt es, dass "die von Christus gewollte Kirche tatsächlich in der katholischen Kirche weiter besteht".
Die russisch-orthodoxe Kirche lobte den Vatikantext für seine eindeutige Position. Das Dokument zeige "wie nah beziehungsweise wie fern wir einander sind". Das sei eine Grundvoraussetzung für einen "ehrlichen theologischen Dialog". Ebenso wie der Vatikan fuße das Moskauer Patriarchat auf der "apostolischen Sukzession". Nach Auffassung des Vatikans handelt es sich bei den Ostkirchen um "Teil- oder Ortskirchen". Rom moniert, dass von ihnen die Führungsrolle des Papstes nicht anerkannt werde. (dpa)
Zuletzt geändert am 10.07.2007