10.7.2007 - kath.net
Wenn ein Bischof wegen des Motu Proprio weint
Die Gruppe „Wir sind Kirche“, von der sich die römisch-katholische Kirche mehrfach distanziert hat, hat in einem „Aufruf an Gemeinden – Appell an Bischöfe“ folgendes veröffentlicht: „An alle Bischöfe, die sich dem Zweiten Vaticanum verpflichtet fühlen, appelliert die KirchenVolksBewegung, ihre Gemeinden in diesem Sinne zu ermutigen und zu bestärken. Wenn es dem Wunsch des Papstes folgend eine neue Liturgische Bewegung geben soll, so kann diese nicht durch einen schematischen an der Vergangenheit orientierten Rückgriff auf vorkonziliare Messtexte erfolgen, die von einem anderen Kirchenverständnis und Priesterbild ausgehen.
Basis kann nur das Zweite Vatikanum mit der darauf aufbauenden theologischen Forschung und pastoralen Praxis sein. Stichhaltige theologische Argumente für die angeblichen Defizite des jetzigen Messbuchs wurden bisher nicht vorgebracht. Dabei wird oft mit einem Opferbegriff argumentiert, der weder biblisch noch aus der Tradition der römischen Liturgie haltbar ist.“
Hans Joachim Meyer, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, und Hans-Jürgen van Schewick, Berlins oberster katholischer Laienvertreter, fürchten im „Berliner Tagesspiegel“, dass es zu Spaltungen in Gemeinden kommt. Schewick, meint, dass die neue Messe dem Sinn der Bibel mehr als die alte Form entspreche und behauptet: „Jesus hat sich beim Abendmahl auch den Jüngern zugewandt und ihnen nicht den Rücken gezeigt.“ Meyer ortet schließlich in der Begeisterung für die lateinische Liturgie einen „Feuilleton-Katholizismus“, der „einem Hang zum Numinosen“ fröne und einen Widerwillen habe gegen alles, was Gemeinschaft ist.
Die Berliner Zeitung selbst sorgte mit dem folgenden Satz für einen Beitrag für die Absurditätensammlung: "Die Deutsche Bischofskonferenz geht davon aus, dass die alte Messe wegen der antisemitischen Passagen an Karfreitag verboten ist." (Anmerk. d. Red.: Am Karfreitag gibt es grundsätzlich keine Heiligen Messen.)
Der Würzburger Pfarrer Roland Breitenbach meinte in einem Kommentar: "Man will mit der alten Messe ein Zeichen setzen und der katholischen Kirche wieder einen überholten Kurs verordnen. Zum Beispiel wollen die Traditionalisten, die jetzt laut schreien, einen Sieg errungen zu haben, nichts von einer ökumenischen Bewegung wissen. Die Religionsfreiheit, auch ein Ergebnis des Konzils, halten sie für eine List des Teufels. .. Das alles (und manches mehr) sind für die Zukunft der Kirche nach unserer Ansicht geradezu tödliche Konsequenzen der alten Messe. Während die dt. Bischöfe anscheinend kommentarlos das Papier entgegen genommen haben, erklärte der Erzbischof von Toulouse: 'In Frankreich wünschten wir uns dieses Dokument nicht.'"
Absurdes zum MP hat auch die Zeitschrift „Europolitian“ zu verkünden. „Benedikt XVI. macht das Predigen auf Lateinisch wieder möglich“, heißt es in der Schlagzeile. Im Text selber ist zu lesen: „Als humanistisch gebildetem Intellektuellen und Liebhaber der lateinischen Sprache liegt Joseph Ratzinger der alte Messritus sicherlich besonders am Herzen. Gilt er doch selbst am Vatikan als einer der wenigsten, die sich souverän in der Sprache Ciceros und der Kirchenväter unterhalten können. In seinem Begleittext zum apostolischen Schreiben entschuldigt der Papst seine Vorliebe für die lateinische Sprache, und räumt ein, dass diese heute nicht mehr ,häufig anzutreffen’ sei. Er selbst hänge aber mit ,Liebe und Zuneigung’ an der lateinischen Messe.“
Für Erheiterung sorgt bei Katholiken auch ein Bericht der "Deutschen Welle" (DW). Diese schreibt wörtlich: "Die alte tridentinische Messfeier ist nun als Liturgieform für "außerordentliche" Ereignisse zugelassen." Die DW lässt übrigens auch Rainer Kampling, Professor für katholische Theologie an der Freien Universität Berlin, zu Wort kommen, der folgendes behauptet: "Zwischen der Intention des Papstes und den verschiedenen Lesarten dürfte schnell eine Kluft aufbrechen, weil gerade diejenigen, die er eigentlich versöhnen wollte, auf ihren Internetseiten diese Entscheidung als einen Sieg über das II. Vatikanische Konzil feiern."
In die Kategorie „Absurdes“ fällt auch die Reaktion des italienischen Bischofs Luca Brandolini, einem Mitglied der Liturgiekommission der italienischen Bischofskonferenz. Brandolini zeigte sich über das Schreiben wenig begeistert und meinte gegenüber der Zeitung „La Repubblica“: „Ich kann die Tränen nicht zurückhalten, das ist der traurigste Moment in meinem Leben als Mann, als Priester und als Bischof!"
Zuletzt geändert am 11.07.2007