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Veröffentlicht am 18­.11.2021

18.11.2021 - KNA

Erzbistum Köln bekennt bei Feier im Dom Schuld wegen Missbrauch

Von Andreas Otto (KNA)
Köln (KNA) Bei einer Buÿfeier im Kölner Dom hat das Erzbistum
Köln Schuld wegen der Missbrauchsfälle in der Kirche
bekannt. Von Priestern und weiteren kirchlichen Mitarbeitern
unseres Bistums ist eine groÿe Zahl von Verbrechen sexualisierter
Gewalt an Schutzbefohlenen verübt worden, sagte
Übergangsverwalter Rolf Steinhäuser am Donnerstag. Ich
kann mich nicht für die Täter entschuldigen. Jeder könne
nur seinen eigenen Teil der Verantwortung übernehmen. Ich
habe die Betroenen nicht im Blick gehabt. Das ist mein
Versagen und meine Sünde, bekannte der Weihbischof, der
derzeit Erzbischof Rainer Maria Woelki in dessen Auszeit vertritt.
Er habe noch nie erlebt, dass ein Gottesdienst im Vorfeld
so heftig umstritten gewesen sei, sagte Steinhäuser. Als
Chef der Täterorganisation Erzbistum Köln habe er die Feier
aber nicht absetzen oder auf später verschieben wollen. Es
gehe um Schuldbekenntnis, Gedächtnis der Betroenen und
Fürbitte.

Dieser Bußgottesdienst endet nicht mit der Vergebung,
betonte Steinhäuser weiter: Wir können uns nicht selbst absolvieren.
Wir bitten auch nicht die Betroenen um Vergebung,
damit es uns besser geht. In den wenigen Wochen als
Übergangsleiter habe er erfahren, dass sexueller Missbrauch
keineswegs ein Thema längst vergangener Zeiten sei. Wir
dürfen die Fratze des Bösen nicht zudecken. Nicht verharmlosen,
nicht vertuschen, nicht bagatellisieren und auch nicht
vorschnell den liebenden und vergebenden Gott bemühen,
sagte der Weihbischof.

Der Bußgottesdienst war seit Langem geplant. Wegen der
Querelen um die Missbrauchsaufarbeitung von Kardinal Woelki
und der medialen Lage sei die Feier bislang nicht zustande
gekommen, hieÿ es. Nun wurde sie am Europäischen
Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und
sexuellem Missbrauch angesetzt.

Der Betroenenbeirat des Erzbistums gestaltete die Feier
mit. Es sei wichtig gewesen, die Folgen von Missbrauch
sichtbar zu machen und die Schuld von Verantwortlichen und
Tätern zu benennen, erklärte das Gremium. Zu Gehör kam
etwa ein Lied von Sprecher Peter Bringmann-Henselder über
seine Missbrauchserlebnisse in der Kindheit. Ich liege hier im
Bett, ich hätte mich so gern versteckt, heiÿt es etwa in dem
Text. Auf der Altarinsel brannten Dutzende Kerzen als Symbol
für die mit Vornamen benannten Betroenen sowie eine
groÿe Kerze für alle ungenannten.

Wegen möglicher emotionaler Reaktionen hatte der Rat
darauf hingewirkt, dass zu dem Bußgottesdienst keine Medienvertreter
und nur rund 230 geladene Gäste zugelassen
wurden. Während der Feier protestierten vor dem Dom rund
20 Personen der Initiative Maria 2.0 Rheinland. Solidarität
mit Missbrauchsbetroenen und Schluss mit Männerbünden
 stand auf Plakaten.

Als völlig oberächliches Signal bezeichnete Sprecherin
Maria Mesrian den Gottesdienst. Auch die Initiative Wir sind
Kirche äußerte sich kritisch: Ein Bußgottesdienst kann dann
Sinn machen, wenn den frommen Worten ebenso ernsthafte
Taten vorausgegangen sind oder folgen würden. Das ist aber
nicht der Fall.

Zu Kardinal Woelki wollte sich Steinhäuser in der Feier
nicht äuÿern: Ich will ihn weder beschuldigen noch versuchen,
ihn zu entschuldigen. Der Erzbischof bendet sich
in einer Auszeit, um die vergangenen Monate aufzuarbeiten,
und will am Aschermittwoch wieder seinen Dienst aufnehmen.
Papst Franziskus kam nach einer von ihm beauftragten
Untersuchung zum Schluss, der Kardinal habe groÿe Fehler
 in der Kommunikation gemacht, aber keine Verbrechen
vertuschen wollen. Bis zu dessen Rückkehr leitet Steinhäuser
das Erzbistum.

Zuletzt geändert am 18­.11.2021