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Veröffentlicht am 09­.01.2007

9.1.2007 - KNA

Zustimmung zum Rücktritt von Erzbischof Wielgus

Der Erfurter Weihbischof Hauke kritisierte das Verhalten des Erzbischofs Wielgus

Bonn (KNA) Der Rücktritt des Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus ist in Deutschland weithin auf Zustimmung gestoßen. Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse sprach am Montag von einem notwendigen Schritt, weil der Erzbischof von Warschau als wichtigster polnischer Bischof vertrauenswürdig sein müsse.

Ebenso wie die Koordinatorin der Bundesregierung für die deutsch-polnische Zusammenarbeit, Gesine Schwan, warnte er aber davor, die Leistungen der polnischen Kirche im Kampf gegen den Kommunismus klein zu reden. Thierse sagte im Deutschlandfunk, es sei besser, dass Wielgus den Rücktritt jetzt vollzogen habe, als sich im Amt dauerhafter Kritik ausgesetzt zu sehen. Zugleich warnte er vor einer Vorverurteilung und erinnerte daran, dass ohne die katholische Kirche in Polen die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc nicht möglich gewesen wäre.

Dass sich die Polen bislang weniger mit ihrer Vergangenheit auseinander gesetzt hätten als die Deutschen, führte der Bundestags-Vizepräsident auf unterschiedliche Mentalitäten zurück. In Polen sei die Opposition nach 1989 von dem Gefühl beseelt gewesen, gesiegt zu haben und deshalb "großzügig" sein zu sollen. Zudem sei die Kirche das "große Gegenüber" zu den Kommunisten gewesen, mit dem man sich identifiziert habe. Um so größer sei jetzt die Erschütterung über die Spitzel innerhalb der Kirche.

Schwan warnte vor Vorverurteilungen. Um ein "einigermaßen vertretbares Urteil" zu fällen, müsse man die damaligen Zeitumstände genau in den Blick nehmen, sagte sie der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Frankfurt/Oder. Allerdings sei der Rücktritt des Bischofs unvermeidbar geworden, da er sich in Widersprüche verwickelt habe. Nach ihrer Einschätzung steht nicht nur Polen, sondern allen Ländern "mit so schwierigen Regimen" eine Aufarbeitung der Geschichte noch bevor.

Das dauere Jahrzehnte, wie die deutsche Geschichte zeige. Die Kirchenvolksbewegung sprach von einem Warnzeichen für den Vatikan. Auch im Hinblick auf andere problematische Bischofsernennungen der vergangenen Jahren sollten in Rom die Personalentscheidungen künftig "sehr viel sorgfältiger" und unter stärkerer Beteiligung der Ortskirchen getroffen werden, heißt es in einer in München veröffentlichten Erklärung von "Wir sind Kirche". Die Bewegung fürchtet, dass das lange Festhalten des Vatikan an Wielgus der katholischen Kirche nicht nur in Polen einen unermesslichen Schaden an Glaubwürdigkeit zufügen wird.

Der Erfurter Weihbischof Reinhard Hauke kritisierte das Verhalten des Erzbischofs. Er habe zu spät die Notbremse gezogen, sagte Hauke der KNA. Eine Zusammenarbeit mit dem kommunistischen Geheimdienst - egal aus welchen Gründen - sei nicht akzeptabel, zumal andere polnische Geistliche eine Haft in Kauf genommen und eine Zusammenarbeit verweigert hätten. Zugleich warnte er vor einer moralischen Verurteilung Wielgus'. Das Gefühl des Bedrängtseins der Menschen, die in das Visier des kommunistischen Geheimdienstes geraten waren, könne sich kein Außenstehender vorstellen.

Der Berliner katholische Medienexperte Lutz Nehk forderte eine sorgfältigere Prüfung der Bischofskandidaten in Polen. Nehk, der katholischer Senderbeauftragter beim DeutschlandRadio und bei der Deutschen Welle TV ist, kritisierte insbesondere die Apostolische Nuntiatur in Polen. Sie habe ihre Arbeit nicht korrekt erledigt, sagte er. Er rechne mit weiteren Geistlichen, bei denen Kontakte zum kommunistischen Regime aufgedeckt würden. Zugleich zeige sich beim Rücktritt des Erzbischofs ein neuer Umgang der polnischen Gesellschaft mit der Kirche. Diese müsse sich in einem sehr viel stärkerem Maße der öffentlichen Kritik stellen.

Christoph Arens

Zuletzt geändert am 21­.07.2007