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Veröffentlicht am 26­.07.2007

26.7.2007 - Die Presse, Print-Ausgabe

Tridentinische Messe: Mit dem Rücken zu den Gläubigen

Nach päpstlicher Änderung: Reaktionen aus Österreich auf die „Wiedereinführung“ des alten Ritus.

Von „Modernisierung“, von einer „Öffnung“ der römisch-katholischen Kirche sprach man nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–65), im Zuge dessen die bis dahin übliche tridentinische Messe an Bedeutung verlor; sie wurde zu einer Sonderform, ihre Abhaltung musste ausdrücklich genehmigt werden.

Das hat Papst Benedikt XVI. mit seinem Schreiben „Motu Proprio Summorum Pontificum“ am 7.Juli geändert. Die „Wiedereinführung“ der lateinischen alten Messe – also die Erlaubnis zur Abhaltung ohne Sondergenehmigung – polarisiert nun die christliche Gemeinschaft. Der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn empfindet die Änderung als einen positiven Beitrag zur Überwindung von Spaltungen in der Kirche, anders sieht es der italienische Bischof Luca Bradolini: „Ich erlebe den traurigsten Augenblick meines Lebens als Priester, Bischof und Mensch.“ Die Novelle würde die Errungenschaften des Zweiten Vatikanischen Konzils mit einem Schlag auslöschen, bedauert Bradolini. Kritik kommt auch von der steirischen Plattform „Wir sind Kirche“. Vorsitzende Sabine Bauer will weiterhin eine verständliche Messe für den Großteil der Gläubigen, von der Rückenansicht des Priesters während des Ritus hält sie nichts. Sollte der alte tridentinische Ritus wieder zur gängigen Form werden, befürchtet Bauer eine Austrittswelle.

„Bleibt alles wie gehabt“

Erich Leitenberger, Chefredakteur der „Kathpress“, spricht sich für die Toleranz gegenüber der alten Form aus, er glaubt jedoch nicht, dass große Veränderungen auf die Kirche zukommen – es „bleibt alles wie gehabt“ sagte er der „Presse“. Es sei jedoch wichtig, das Thema differenziert zu betrachten: „Latein ist seit jeher die christliche Liturgiesprache und war auch immer gebräuchlich“, nicht jede lateinische Messe sei aber tridentinisch. Bei der wendet der Priester den Gläubigen, die sich eher passiv verhalten, den Rücken zu. Der tridentinische Ritus wurde auch bisher – durch eine Ausnahmeregelung – in der Wiener Kapuzinerkirche zelebriert. Ein Priester des Kapuzinerordens rechnet „wahrscheinlich nicht mit Zustrom“. Er sehe die jetzige päpstliche Neuerung als Rückschritt, kommentierte er im Gespräch mit der „Presse“.

Die tridentinische Messe darf nun also jederzeit in jeder Pfarre ohne Genehmigung abgehalten werden, mit Ausnahme der drei heiligen Tage (Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag). Laut Leitenberger liege das an den in der Messe verwendeten anstößigen Formulierungen: Zu Ostern wird für die Bekehrung der Juden zum christlichen Glauben gebetet. „Die Sprache ist unsensibel. Die Sprache ist beleidigend“, sagt Abraham Foxman, Direktor der jüdischen Anti-Defamation-League.

Zuletzt geändert am 26­.07.2007