| |
Veröffentlicht am 04­.03.2022

4.3.2022 - katholisch.de

Betroffenensprecher kritisiert Politik für Umgang mit Missbrauch

Viele Stimmen fordern eine staatliche Aufarbeitung des kirchlichen Missbrauchsskandals. Der Sprecher des Betroffenenbeirats der Bischofskonferenz kritisiert den Umgang der Politik mit sexueller Gewalt: Sie traue sich an dieses Thema nicht heran.

Der Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, hat die Politik für ihren Umgang mit dem Thema Missbrauch kritisiert. "Sexueller Missbrauch ist kein ausschließlich katholisches Problem, sondern kommt in großer Breite in der Gesellschaft vor", sagte Norpoth bei einer Online-Pressekonferenz von Verbänden und Reformgruppen am Freitag im Vorfeld der kommende Woche stattfindenden Vollversammlung der deutschen Bischöfe. Aufgrund des schambehafteten und als heikel empfundenen Themas würden sich viele Politiker nicht an die Aufarbeitung von Missbrauch herantrauen. Gleichzeitig lobte Norpoth die katholische Kirche, die bei der Aufarbeitung von Missbrauch auf einem guten Weg sei: "Es gibt eine große Bandbreite von unterschiedlichen Herangehensweisen bei den Gutachten in den Bistümern." Es benötige aber immer wieder den Anstoß "von außen", damit sich die Kirche angemessen mit der Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch beschäftige. Wer hier jedoch allein auf staatliche Verantwortung setze, werde enttäuscht werden, da dieses Thema in der Politik keine Priorität habe.

Der Salzburger Fundamentaltheologe Gregor Maria Hoff äußerte bei dem Pressegespräch den Eindruck, dass das erneute Rücktrittsangebot des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki nach dessen Auszeit nicht verständlich sei. "Mit Blick auf die spirituell-erkenntnistheoretische Position stimmt hier etwas nicht", so Hoff. Da Woelki die ignatianischen 30-tägigen Exerzitien absolviert habe, sei es merkwürdig, dass er erst kurz vor seiner Rückkehr ins Amt als Erzbischof von Köln sein Rücktrittsgesuch beim Papst eingereicht habe, sozusagen "in letzter Minute". Bei den Geistlichen Übungen in der Tradition des heiligen Ignatius von Loyola werde die "Indifferenz" als vorbehaltlose Annahme des Willens Gottes ungeachtet der eigenen Wünsche als spirituelle Haltung praktiziert. Aus diesem Grund hätte Woelki nicht erst gegen Ende seiner Auszeit, die am Aschermittwoch endete, klar sein müssen, dass er sein Amt dem Papst zur Verfügung stellen wolle.

Weisner: "Gefährliches Spiel" von Woelki

Christian Weisner vom Bundesteam der kirchlichen Reformgruppe "Wir sind Kirche", machte bei Woelki ein "gefährliches Spiel" aus, das dieser mit dem Papst und der Kirche in Deutschland spiele. "Es besteht die große Gefahr, dass Woelki mit seinem Rücktrittsangebot dem Ansehen von Franziskus schadet und die Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Erzbistum Köln ruiniert", sagte Weisner. Er könne sich zwar nicht vorstellen, dass das Kirchenoberhaupt den erneuten Amtsverzicht des Kölner Kardinals nicht annehme. Doch bliebe Woelki Erzbischof von Köln, wäre dies eine Katastrophe.

Weitere Vertreter von Verbänden und reformorientierten Gruppen erneuerten ihre Mahnung zu grundlegenden Änderungen in der Kirche. So forderten die Frauenverbände KDFB und kfd, das katholische LSBT+Komitee sowie die Bewegung "Maria 2.0" mehr Beteiligung von Frauen, Reformen im kirchlichen Arbeitsrecht und Änderungen bei der Sexualmoral. Die deutschen Bischöfe treffen sich am Montag im fränkischen Wallfahrtsort Vierzehnheiligen zu ihrer Frühjahrsvollversammlung. Dort beraten sie mehrere Tage besonders über den Synodalen Weg und den Krieg in der Ukraine. (rom)

https://www.katholisch.de/artikel/33370-betroffenensprecher-kritisiert-politik-fuer-umgang-mit-missbrauch

Zuletzt geändert am 05­.03.2022